Buchmesse-Podium zum Thema Deep Fakes

"Es kann keine zwei Wahrheiten geben"

17. Oktober 2025
Redaktion Börsenblatt

Über Deep Fakes und Fake News diskutierte am Messe-Freitag eine Podiumsrunde mit Eckart von Hirschhausen. Der Mediziner und Wissenschaftsjournalist hat mit dem Thema seine eigenen Erfahrungen gemacht. Und den US-Konzern Meta verklagt.

Eckart von Hirschhausen mit einem Beispiel

Auch die Plattformen sollten ein Interesse daran haben, nicht zur Kloake der Desinformation zu werden.

Eckart von Hirschhausen

von Hirschhausen klagt gegen Meta

Meinungsfreiheit, das bedeutet für den Mediziner und Wissenschaftsjournalisten Eckart von Hirschhausen auch: "Keiner darf mir eine Meinung unterschieben, die ich gar nicht habe". Das allerdings passiert ziemlich oft – in so genannten Fake News.

Es gibt Videos, in denen von Hirschhausen (angeblich) bestimmte Diätmittel und Gesundheitsprodukte empfiehlt. Und sogar eines, in dem er von drei Schüssen durch die Windschutzscheibe eines Autos ermordet wird – weil er heiße Informationen aus dem Gesundheitswesen gehabt haben soll. "Dass ich quicklebendig bin, sehen Sie selbst: Ich stehe ja schließlich vor Ihnen auf der Bühne", so von Hirschhausen bei einer Podiumsrunde auf der Center Stage in Halle 4.1.

Thema auf der Bühne: "Täuschend echt: Deepfakes – Auswege im Kampf um die Wirklichkeit".  Von Hirschhausen hat gerichtlich um die Wirklichkeit gekämpft, nämlich mit einer Klage gegen den US-Konzern Meta, auf dessen Plattform Facebook die Fake-Werbevideos zu finden waren. In zweiter Instanz wurde Meta immerhin dazu verdonnert, nicht nur die beanstandeten Videos zu löschen, sondern auch ähnliche Filme. Für von Hirschhausen ist das auch eine Form des Verbraucherschutzes: Denn es kann gefährlich werden, wenn leichtgläubige Nutzer zu angeblich empfehlenswerten Medikamenten greifen, die gar keine sind.

Wir müssen in der EU zu unseren Regeln stehen, auch wenn wir aus den USA dafür kritisiert werden.

Renate Nikolay, EU-Kommission

Mehr Transparenz

Wie können Fake News und Deep Fakes verhindert werden? Welche rechtlichen Instrumente gibt es – und welche sind geplant? Darum ging es in dem Podiumsgespräch, an dem auch Bundesjustizministerin Stefanie Hubig und Renate Nikolay, stellvertretende Generaldirektorin der EU-Kommission, teilnahmen.

Durch den Digital Market Act und den Digital Services Act seien die EU-Länder besser gegen die Macht der Plattformen gewappnet als andere Länder der Welt, so Nikolay. Beide Regelungen würden die Konzerne zu größerer Transparenz zwingen. Generell müsse gelten: „Was offline illegal ist, ist es online auch.“ Wichtig sei: „Wir müssen zu unseren Regeln stehen, auch wenn wir aus den USA dafür kritisiert werden.“

In Dänemark gebe es einen Vorstoß, bestimmte Gesetzeslücken zu schließen – zum Beispiel durch eine Art "Copyright" für Personen, gewissermaßen ein Nachahmungsschutz, so Moderator Hendrik Wieduwilt – eine Lösung für die gesamte EU? "Ich denke gerade darüber nach, ob das Urheberrecht an meinem Gesicht nicht eher meinen Eltern gehört", witzelte Eckart von Hirschhausen, der, wieder ernst werdend, betonte, dass auch die Plattformen ein Interesse haben müssten, "nicht zur Kloake der Desinformation zu werden."

Stefanie Hubig

Gesamtgesellschaftliche Aufgabe

Für Stefanie Hubig ist die Vorratsdatenspeicherung ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung: Die (umstrittene) Regelung, die von der neuen Koalition zurück auf die Agenda geholt wurde, hebe die Anonymität im Netz auf und sorge dafür, dass die Provider Accounts nach richterlicher Anordnung auch sperren müssten. „Ein entsprechender Gesetzentwurf wird noch in diesem Jahr das Licht der Welt erblicken“, kündigte Hubig an. Für die Justizministerin gilt zugleich, dass die Freiheit des Wortes und der Kunst immer sorgfältig gegen Eingriffe von außen abgewogen werden müsse.

Für Renate Nikolay steht fest: Es ist nicht nur eine rechtliche, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, gegen Deep Fakes und Fake News vorzugehen – zumal sie auch ganz gezielt zur Destabilisierung der Demokratie eingesetzt werden: "Die Gesellschaft muss viel medienkritischer werden als sie heute ist."

Außerdem müssten vertrauenswürdige Nachrichten-Medien strukturell unterstützt werden: "Alternative Fakten gibt es nicht. Fakten sind Fakten. Es kann und darf keine zwei Wahrheiten geben."