Geplant sind sechs Termine zum Thema Bilderbuch

"Wo bleiben die Männer?"

28. November 2025
Susanna Wengeler

André Zeugner, Verleger des Kraus Verlags, startet im Januar die Veranstaltungsreihe "Vorleseväter". Was ihn dazu antreibt, erzählt er im Interview. 

André Zeugner

André Zeugner

Die Welt der Kinder- und Jugendbücher sei überwiegend in weiblicher Hand, beobachtet André Zeugner, der seinen Kinderbuchverlag Kraus im Sommer 2021 gegründet hat und in diesem Jahr für seine Arbeit mit dem Berliner Verlagspreis ausgezeichnet wurde: "Autorinnen schreiben, Lektorinnen bearbeiten, Bibliothekarinnen und Jurorinnen empfehlen – und beim Vorlesen übernehmen meist Frauen die Hauptrolle. Doch wo bleiben die Männer?" Mit der Berliner Lesereihe "Vorleseväter" wolle er genau hier ansetzen – und männliche Perspektiven auf Kinderliteratur sichtbar machen.  

Sie starten Ende Januar die Berliner Lesereihe "Vorleseväter". Was genau wird da passieren?

Eigentlich genau das, was der Titel verspricht: Männer werden aus Bilderbüchern vorlesen. Wobei ich gleich anmerken möchte, dass diese Männer natürlich nicht zwingend Väter sein müssen. Ich fand den Begriff "Vorleseväter" nur eben so schön griffig, dass ich ihn für die neue Lese-Reihe verwendet habe.

Ganz konkret wird es so sein, dass drei bis vier männliche Personen in einer Abendveranstaltung jeweils zwei bis vier ihrer Lieblings-Bilderbücher vorstellen und etwas daraus vorlesen werden. In der ersten Veranstaltung am 29. Januar wird ein emeritierter Professor dabei sein, ein Übersetzer, mein Nachbar und meine Wenigkeit. Mal sehen, vielleicht gibt´s in der Januar-Veranstaltung auch ein bisschen Glühwein für alle in der Pause.

Gezeichnetes Logo der Reihe Vorleseväter mit zwei Figuren und Buch

Das Logo der Reihe "Vorleseväter"

Warum wird dabei Erwachsenen vorgelesen und nicht den Kindern?

Mit meinem kleinen Kraus Verlag mache ich angelegentlich schon Lesungen für Kinder, ganz klassisch am Samstagvormittag zum Beispiel. Die Vorstellung allerdings, dass ein paar junge, mitteljunge und ältere Herren aus Bilderbüchern einem erwachsenen Publikum vorlesen, fand ich irgendwie charmant, sodass ich mir dachte: Das Format gibt‘s so noch nicht, das probiere ich mal aus.

Außerdem, so hoffe ich, kommt zu den Lesungen ein Publikum, was sich sonst eher nicht in die Kinderbuchlesung um 10.00 Uhr in die Buchhandlung oder Bibliothek begibt. Darüber hinaus gibt es so viele gute Bilderbücher aus unterschiedlichen Verlagen, die es schaffen, mit minimalstem textlichen Aufwand Geschichten zu erzählen, die in Erinnerung bleiben oder einfach nur unglaublich komisch sind – auf diese Bilderbücher hinzuweisen und zu empfehlen, ist eine lohnenswerte Sache, wie ich finde.

Welche Gründe vermuten Sie hinter der Tatsache, dass die Kinder- und Jugendbuchszene weiblich geprägt ist? Und ist das nicht eigentlich gut so?

Das, so meine Bauchgefühlvermutung, wird wohl damit zusammenhängen, dass die Kinder- und Jugendbuchszene historisch eng mit dem Bereich der Erziehung und den damit einhergehenden Berufen in Kindergärten, Grundschulen und Bibliotheken verbunden ist, die als "typisch weibliche" Berufe gelten und somit entsprechende Rollenbilder geschaffen haben.

Ob der Status Quo, der offensichtlich darin besteht, dass sich überwiegend weibliche Personen mit dem Thema Bilderbuch beschäftigen, also: jene Bücher in den Verlagen lektorieren, in den Medien besprechen, entsprechende Preise vergeben, als Käuferinnen auftreten und schließlich den Kindern vorlesen, ob dieser Status Quo also gut ist ... Ich denke, es wäre für alle ein Gewinn, wenn sich mehr männliche Personen in eben diesen Bereichen engagieren würden.

Grundsätzlich gut finde ich, wenn überhaupt vorgelesen wird, besser noch, wenn es gute Bücher sind, die da vorgelesen werden. Und am besten finde ich, wenn es immer mehr Erwachsene gibt, die aus guten Bilderbüchern vorlesen, und bei den Typen sehe ich da eben noch reichlich Nachholbedarf. Und dass damit ein Aufbrechen eines stereotypen Rollenbildes einhergeht, finde ich ebenfalls dufte.

Gibt es schon Pläne für die Fortsetzung der Reihe?

Aktuell geplant sind sechs Termine für das Jahr 2026. Darüber hinaus gibt es noch keine Pläne. Kann ja auch sein, dass die Veranstaltung ein Totalflopp wird! Ich bin jedenfalls gespannt und erhoffe mir einige vergnügliche Abende. 

Der Auftakt

Die Premieren-Lesung findet am 29. Januar 2026 in der Kurt-Tucholsky-Bibliothek im Berliner Bötzow-Viertel statt. Der Veranstalter erklärt: „Angesprochen fühlen dürfen sich erwachsene Literaturinteressierte, Eltern, Pädagog:innen, Erzieher:innen, Literaturvermittler:innen sowie natürlich Väter, Großväter und männliche Bezugspersonen sowie eigentlich alle Personen mit Interesse an Kinderliteratur. Der Eintritt ist frei. Eine Anmeldung wäre schön, aber nicht notwendig: www.vorlesevaeter.de/termine