Teil 10 der Börsenblatt-Serie zur Unternehmensnachfolge

Wer wann wie informiert werden sollte

17. Oktober 2022
von Börsenblatt

Der Transaktionsberater Dieter Durchdewald erklärt unter Mitarbeit von seinen BerlinHorizonte-Teamkolleg:innen in einer Börsenblatt-Serie in 12 Artikeln, worauf man bei der Übergabe von inhabergeführten kleineren und mittleren Verlagen achten muss und was in jeder der sechs Phasen entscheidend ist. Dieses Mal erfahren Sie, wann wer informiert werden sollte, wie Sie eine sinnvolle Informationskaskade aufbauen und wann Arbeitnehmer Widerspruch einlegen können. Zudem gibt es wertvolle Tipps für die Zusammenlegung von Teams.

Nach der Vollzugsphase, also der Vertragsunterzeichnung und dem wirtschaftlichen Übergang des Verlags auf den neuen Verleger, folgt die Umsetzungs- oder auch Durchführungsphase, in der es u. a. um die passende Informationsstrategie nach der Übertragung geht und arbeitsrechtliche Regelungen (wie im Kaufvertrag bereits fixiert) zu kommunizieren sind.

Praxisbeispiel

Die Tinte auf dem Kaufvertrag ist trocken! Nun kann der Käufer bald damit beginnen, seine schon lange gehegten Ideen in die Tat umzusetzen. Der Verkäuferin fällt allmählich die Last der Verantwortung von den Schultern und sie freut sich auf den immer wieder verschobenen Urlaub. Beide sind nach dem Unterschriftstermin am Vormittag beim Notar euphorisch und machen sich anschließend gemeinsam auf den Weg in den Verlag, um die Mitarbeitenden über die Veränderung zu informieren. Während der Fahrt überlegen sie bereits, wie sie die Autor*innen mittels eines gemeinsamen persönlichen Briefs und die Branchenpresse informieren werden. Die Reaktion der Mitarbeitenden fällt aber anders aus, als sie erwartet hatten und auf einige gestellte Fragen haben sie keine Antwort parat. Zudem irritieren sie zwei Tage später die erstaunten bis verärgerten Reaktionen zweier Handelsvertreter und ihrer Auslieferung, die die Neuigkeit aus der Branchenpresse erfahren haben. Jetzt wird ihnen allmählich klar, dass sie sich wohl nicht ausreichend auf die Zeit nach der Vertragsunterzeichnung vorbereitet haben.

 

 

Wann und wen informiere ich über die Veränderung?

In einer Art Informationskaskade ist spätestens zum Zeitpunkt der Übertragung der Reihe nach Mitarbeitende, Autoren/Agenturen, wichtige Kunden, Lieferanten und Dienstleister zu informieren. Das Verlagsteam erfährt selbstverständlich persönlich von der Veränderung als erstes. Bei der externen Kommunikation empfiehlt es sich, dies schriftlich gemeinsam mit dem Nachfolger zu tun. Und erst danach sollten Sie eine gemeinsame Erklärung für die Branchenpresse abgeben.

Das Informationsbedürfnis bei den Mitarbeitenden ist i. d. R. enorm, denn es geht um nichts weniger als um ihre berufliche Zukunft. Bitte machen Sie sich zu den arbeitsrechtlichen Belangen kundig und nehmen Sie sich ausreichend Zeit, um detailliert über die aktuelle Situation und auch zu den Vorstellungen des Nachfolgers zur Zukunft des Unternehmens zu informieren.

Arbeitsrechtliche Situation

Die folgenden Ausführungen sollen Sie für die arbeitsrechtlichen Belange sensibilisieren. Hier ist wieder zwischen Asset Deal und Share Deal zu unterscheiden.

Die Rechtslage beim Share Deal ist einfach: der Arbeitgeber ist die Gesellschaft, die unverändert fortbesteht. Die Arbeitsverträge bleiben vom Anteilsverkauf bzw. dem Inhaberwechsel unberührt.

Anders sieht es beim Asset Deal aus, bei dem der Käufer lediglich einzelne Wirtschaftsgüter erwirbt. Es findet also nicht ein Wechsel des Gesellschafters bei fortbestehender Gesellschaft statt, vielmehr ändert sich der Arbeitgeber.

Um die Arbeitnehmer vor Nachteilen durch den Wechsel des Arbeitgebers zu schützen, regelt § 613 a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in Abs. 1 Satz 1, dass der Käufer mit wirksamem Abschluss des Kaufvertrages an die Stelle des Verkäufers tritt. Beiden, Verkäufer und Käufer, ist es gemäß § 613 Abs. 4 BGB untersagt, wegen des Übergangs eines Betriebes oder eines Betriebsteils eine Kündigung auszusprechen.

Umfassende, vollständige und richtige Information

Vor Eintritt dieser Rechtsfolge sind die Arbeitnehmenden in Textform von der bisherigen Arbeitgeberin, der Altverlegerin, oder dem neuen Inhaber, dem Neuverleger, über folgende Punkte zu unterrichten, § 613 a Abs. 5 BGB:

  • den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs
  • den Grund für den Übergang
  • die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmenden
  • die hinsichtlich der Arbeitnehmenden in Aussicht genommenen Maßnahmen

 

Auf die umfassende, vollständige und richtige Information sollten die Arbeitgeber unbedingt achten, da eine fehlerhafte Information eine Pflichtverletzung darstellt und Schadensersatzansprüche auslöst.

 

Arbeitnehmer kann Widerspruch einlegen

Wichtig zu wissen ist für die Arbeitgeber auch, dass der Arbeitnehmer die Möglichkeit hat, gegen den geplanten Betriebsübergang Widerspruch einzulegen. Dieser muss nicht begründet werden, aber schriftlich binnen eines Monats nach Zugang der Unterrichtung beim Arbeitgeber eingelegt werden.

Dies führt dazu, dass das Arbeitsverhältnis mit dem alten Arbeitgeber fortbesteht.

Der Widerspruch ist jedoch riskant und geht ins Leere, wenn der Verkäufer gar keinen Betrieb mehr aufrechterhält. Dann steht dem Veräußerer das Recht zu, den widersprechenden Arbeitnehmer aus betriebsbedingten Gründen (d.h. in diesem Fall, weil kein Betrieb, auch nicht in Teilen, existiert) zu kündigen. Ein Widerspruch ist für den Arbeitnehmer daher nur dann interessant, wenn ein Betriebsteil, in dem er eingesetzt werden könnte, beim Verkäufer verbleibt.

Es lohnt sich also, die Durchführungsphase gut vorzubereiten und ausreichend Zeit für Gespräche mit den Mitarbeitenden zu reservieren. Das sorgt auch für den Erhalt der Motivation und vermeidet Störungen im Betriebsablauf.

 

Was bei einer Team-Zusammenlegung wichtig ist

Der Einfachheit halber haben wir bisher meist von Einzelpersonen gesprochen, die einen Verlag verkaufen oder kaufen. Wenn allerdings ein bestehendes Verlagsunternehmen mit einem Mitarbeiterstamm ein anderes kauft, das ebenfalls mehrere Mitarbeitende beschäftigt, ist bei einer Team-Zusammenlegung noch einige Integrationsarbeit zu leisten. Dieser Prozess bedarf der besonderen Aufmerksamkeit des neuen Eigentümers und einiger Organisations- und Kommunikationsleistung.

Diese beginnt spätestens am Tag der Übertragung. Neben Seniorverleger und neuem Eigentümer sollten bei der Vorstellung im gekauften Unternehmen der Führungskreis des Erwerber-Unternehmens teilnehmen. Um sich zu beschnuppern können auch die Mitarbeitenden des gekauften Unternehmens eingeladen werden, um den Standort und die neuen Kollegen kennenzulernen. Auch ein Social-Event kann die Integration fördern. Rasch sollten die unterschiedlichen Kommunikations- und Entscheidungswege angeglichen werden, um Irritationen von Anfang an zu vermeiden. Dafür können gemeinsame Abteilungs-Teams gebildet werden, die die Arbeitsfelder neu abzustecken und Zuständigkeiten regeln. Auch ein moderierter Integrationsworkshop kann schnell zum gewünschten Ziel führen.

 

Übergabe leben

Generell gilt, begleiten Sie als bisherige Verlegerin den Übergang stets wohlwollend, unterstützen Sie den neuen Eigentümer nach Kräften und bereiten Sie sich intensiv auf Ihren neuen Lebensabschnitt vor!

Wir wünschen Ihnen gutes Gelingen für die Weitergabe Ihres Unternehmens!

 

 

 

 

Ausblick

Im nächsten Teil der Börsenblatt-Serie zur Unternehmensnachfolge wird es um die familieninterne Unternehmensnachfolge gehen. 
Selbstverständlich ist es eine große Sache und wunderbar, wenn das Unternehmen in der Familie bleibt, und in vielen Fällen gelingt das auch. Aber es gibt eben auch zahlreiche Negativbeispiele, anhand derer die Fallstricke zu erkennen sind.
Eine familieninterne Unternehmensnachfolge kann unterschiedlich gestaltet sein. In kleineren Verlagen tritt oft die Tochter oder der Sohn in die Fußstapfen des Inhabers und führt den Verlag als Einzelunternehmen oder GmbH fort. Bei größeren Unternehmen der Branche ist es mitunter auch jemand aus dem erweiterten Familienkreis, der als geschäftsführender Gesellschafter die Leitung übernimmt oder der Familienspross fungiert zukünftig lediglich als Gesellschafter der GmbH und ein angestellter Geschäftsführer lenkt das Unternehmen. Ob großes oder kleines Verlagsunternehmen, eine familieninterne Weitergabe stellt die beteiligen Personen aufgrund der persönlichen Nähe und der Familienkonstellationen vor besondere Herausforderungen und birgt viel Konfliktpotential.

 

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