Teil 3 der Börsenblatt-Serie zur Unternehmensnachfolge

Nachfolge- und/oder Beteiligungsform wählen

17. März 2022
von Börsenblatt

Der Transaktionsberater Dieter Durchdewald erklärt unter Mitarbeit von seinen BerlinHorizonte-Teamkolleg:innen in einer Börsenblatt-Serie in 12 Artikeln, worauf man bei der Übergabe von inhabergeführten kleineren und mittleren Verlagen achten muss und was in jeder der sechs Phasen entscheidend ist. Lesen Sie hier den spannenden Fahrplan für eine gelungene Übergabe. 

Nachdem Sie grundsätzlich die Entscheidung getroffen haben Ihr Unternehmen abzugeben, geht es nun um die konkrete Umsetzung. Dazu gehört die Verkaufschancen realistisch einzuschätzen und die genaue Form festzulegen. Wie Sie dabei genau vorgehen können und welche acht Fragen Sie vor einem Verkauf mit Ja beantworten sollten, lesen Sie in den folgenden Abschnitten. 

2.1. Vorbereitung der Unternehmensübergabe

Wenn es im Folgenden um die Bestimmung des Unternehmenswertes geht und Ihre Steuer- oder Transaktionsberatung eine Reihe betriebswirtschaftlicher Unterlagen benötigt, sollten Sie zunächst die Frage klären, wen Sie zu diesem Zeitpunkt aus dem Unternehmen in Ihre Überlegungen einbeziehen sollten. Denn spätestens beim Erstellen der Verkaufs­unterlagen benötigen Sie bei einem größeren Unternehmen die Unterstützung und Kompetenz zumindest aus dem Bereich des Finanz- und Rechnungswesens.

Es ist verantwortungsvoll, frühzeitig über die Nachfolge nachzudenken und sie zu planen. Offenheit schafft auch in diesem Fall bei den Mitarbeitenden Vertrauen. Selbst wenn Sie nicht über die Nachfolgethematik sprechen, machen sich Mitarbeitende umso mehr Gedanken zum Fortbestand des Betriebs, je älter die Unternehmerin ist.
 

Externe Hilfe lohnt sich

Wenn Sie eben erst die Entscheidung getroffen haben, den Verlag perspektivisch abzugeben, müssen nicht schon alle Beschäftigten zu diesem Zeitpunkt Bescheid wissen. Sprechen Sie zunächst mit Ihrer Familie und den Geschäftsführer-/Gesellschafterkollegen. Beziehen Sie möglichst den engsten Führungskreis in dieser Phase ein und verpflichten Sie diese Mitarbeitenden zur Verschwiegenheit.

Je sorgfältiger die Übergabe eines Unternehmens geplant ist, umso zufriedener werden Sie als Senior-Verleger:in am Ende sein.
Und Sie werden i. d. R. auch einen höheren Verkaufspreis erzielen.

Spätestens in Phase 2 sollten Sie für den Nachfolgeprozess externe Unterstützung von Ihrer Steuerberatung oder einer Unternehmensberatung in Anspruch nehmen. Nur eine mit Unternehmensverkäufen vertraute und mit Branchenerfahrung ausgestattete Beratung kann Sie kompetent begleiten und bei allen folgenden Schritten „an die Hand“ nehmen. Beispielsweise wird jetzt eine branchenspezifische und auf Erfahrung basierende Bewertung Ihres Unternehmens – nicht die einer Bank! – entscheidend.  

Die Transaktionsberater steuern den Prozess aktiv, achten auf Zeitplan und Termine und ersparen Ihnen in der Anbahnungsphase viele und manchmal für Sie auch unangenehme Gespräche. Und dennoch sind Sie als Unternehmer:in bei der Bereitstellung von Unterlagen, bei der Zuarbeit für die Unternehmensdarstellung gefordert und müssen sich Zeit für Kaufinteressenten-Gespräche einräumen.

2.2. Verkaufschancen für das Unternehmen einschätzen

Die entscheidende Frage in dieser Phase: Ist das Unternehmen derzeit in einem Zustand, dass es verkauft werden kann und ein guter Verkaufspreis zu erzielen ist?

  • Ist das Unternehmen in einem verkaufsfähigen Zustand?

Dazu sollten im Einzelnen über die folgenden 8 Punkte intensiv nachdenken. 

Ist das Unternehmen auf der Höhe der Zeit hinsichtlich …

  • der betriebswirtschaftlichen Situation? Günstige Umsatz-/Ertragssituation, ausreichend Liquidität, Forderungen höher als Verbindlichkeiten, gute Kostentransparenz, realistische Lagerbewertung, möglichst keine (stillen) Beteiligungen, Altersrückstellungen im Blick
  • des Controllings? Übliche betriebswirtschaftliche Steuerungsinstrumente wie Budget-/Liquiditätsplanung, monatliche BWA, Einzeltitelkalkulation und aktueller Jahresabschluss
  • der Organisation? Aktuelles Organigramm, geregelte Zuständigkeiten und Verantwortungsbereiche, Vertretungsregelungen auf allen Ebenen
  • der Personalstruktur? Kompetente Mitarbeitende in allen Funktionsbereichen, keine personellen Überkapazitäten und Fehlbesetzungen, Homeoffice-Regelung, keine Scheinselbständigkeit
  • der Produktenwicklung? Klare Programmgliederung, großes Reservoir geplanter Titel
  • der Produktionsabläufe? Moderne, geregelte und eingeübte Abläufe, gute Verlagssoftware
  • des Marketings? Zielgruppenspezifische Ansprache der Handels- und Endkunden unter Verwendung des elektronischen Weges wie VLB-TIX und Social-Media-Kanäle
  • des Vertriebs? Geeignete Fremdauslieferung, Zugang und Kontakt zu allen Handelsformen

Falls Sie nicht alle Fragen mit einem JA beantworten können, hilft Ihnen auch hier die branchenerfahrene Unternehmensberatung. Mit ihr gemeinsam gilt es zu überlegen, welche Maßnahmen, im Hinblick auf den späteren Verkauf, noch zu ergreifen sind, um den gewünschten Kaufpreis zu erzielen.

Praxisbeispiel: Die Unternehmerin einer Verlags-GmbH hat über mehrere Jahrzehnte zur Liquiditätssicherung von unterschiedlichster Seite größere und kleinere Summen erhalten und die Geldgeber z. T. als stille Gesellschafter aufgenommen. Mehrere Monate war sie damit beschäftigt, Dutzende stiller Beteiligungen zu beenden, die steuerrechtliche Seite zu klären und das Kapital zurückzuführen.

Wenn dagegen auf alle 8 Fragen die Antwort JA lautet, sollten Sie sich darüber Gedanken machen, auf welche Weise Sie das Unternehmen übergeben möchten.
Ist es Ihnen beispielsweise wichtig noch Anteile am Verlag zu behalten und weiter Verant­wortung zu tragen oder möchten Sie das Unternehmen komplett zu einem bestimmten Zeitpunkt abgeben?

 

Risiken und Chancen einer Minderheitsbeteiligung

Sollten Sie daran denken, zunächst nur einen Teil Ihres Unternehmens abgeben zu wollen, z. B. einem Übernahmekandidaten eine Minderheitsbeteiligung in der GmbH anzubieten, ist das natürlich grundsätzlich möglich. Ein Kaufinteressent lässt sich allerdings bei kleineren und mittleren Verlagen i. d. R. nur dann auf eine Minderheitsbeteiligung ein, wenn im Kaufvertrag eine verbindliche Vereinbarung getroffen wird aus der hervorgeht, an wen und wann die restlichen Anteile übertragen werden.

Besonders wenn niemand als Nachfolgerin aus dem Unternehmen in Frage kommt, macht eine Teilübertragung die Suche nach einem Nachfolger meist sehr schwer. Bedenken Sie, dass der neue Minderheitsgesellschafter den Verlag weiterentwickeln möchte, also Gestaltungsspielraum braucht. Wenn der Mehrheitsgesellschafter ihre Veränderungsideen nicht mittragen möchte, weil sie ihm zu teuer oder zu wenig innovativ erscheinen, sind ihm die Hände gebunden. Wenn er seine Beteiligung zudem kreditfinanzieren und den Kredit z. T. aus dem im Verlag Erwirtschafteten bedienen muss, wird das für ihn ein riskantes Unterfangen. Umgekehrt schränkt die Vergabe einer Mehrheitsbeteiligung am Unternehmen den Handlungs- und Entscheidungsspielraum für Sie als Altverlegerin deutlich ein.

Falls sich doch jemand für eine Mehr- oder Minderheitsbeteiligung anbietet und Sie das Risiko eingehen möchten, sollten Sie die Zusammenarbeit detailliert vertraglich festhalten und am besten gleich Ihren Ausstiegsplan darin aufnehmen.

Selbstverständlich können Sie auch als Einzelunternehmerin jemanden an Ihrem Verlag beteiligen und „Teile“ übertragen. Sie könnten dann auch die Rechtsform ändern, beide in einer GbR tätig werden oder gleich eine GmbH gründen und Ihr Einzelunternehmen dort einbringen. Details und Beteiligungshöhe sind auch hier vertraglich zu regeln.

An dieser Stelle noch einmal die dringende Bitte, diese weitreichenden Veränderungen, die bestimmend für Ihre Zukunft und die des Nachfolgers sind, nicht ohne kompetente Begleitung vorzunehmen.

In Phase 4 kommen wir noch einmal auf das Thema zurück und erläutern, wie man ein Käufer-Profil entwickelt.

In diese sechs Abschnitte gliedert sich die Übergabe eines Unternehmens

2.3. Beteiligung oder kompletter Verkauf zu einem bestimmten Zeitpunkt

Um es vorwegzusagen: Die besten Verkaufschancen bestehen, wenn Sie grundsätzlich bereit sind, Ihren Verlag komplett ohne jegliche Einschränkung und Bedingung abzugeben und hinsichtlich des Nachfolgers flexibel sind. Dass der Verkaufsprozess länger dauern kann und Sie auch nach der Transaktion i. d. R. noch einige Zeit gefordert sind, wurde oben bereits erwähnt. Und der Wunsch-Nachfolger steht leider in den seltensten Fällen vor der Tür.

  • An wen soll verkauft werden?

Vermutlich werden Sie die folgenden Fragen beschäftigen: Wer soll das Unternehmen weiterführen, an wen soll es veräußert werden? Falls niemand aus der Familie zur Verfügung steht, dann vielleicht jemand aus dem Management, aus dem Kreis der Mitarbeitenden? Oder soll es an ein anderes Unternehmen, einen Investor veräußert werden?

Praxisbeispiel: Ein Unternehmer stellt eine Person ein, die er schon länger kennt und grundsätzlich für geeignet hält, seine Nachfolge in ein paar Jahren anzutreten. Er spricht allerdings nicht mit ihr über die Option, sondern möchte sie zunächst „im Stillen“ testen. Nach einiger Zeit stellt sich allerdings heraus, dass der Kandidat aus seiner Sicht für die Nachfolge doch nicht in Frage kommt. Auch ein zweiter Undercover-Test geht nach einem Jahr ebenfalls schief, weil die Person gar kein Interesse an der Nachfolge hat.

 

Heimliche Tests sind nicht sinnvoll

Stellen Sie bitte niemanden mit dem Ziel ein, ihn heimlich zu testen und eventuell zum Nachfolger aufbauen zu wollen. Meist gehen diese Versuche schief und Sie vergeuden kostbare Zeit. Wenn Sie Ihren Verlag einer Person aus dem Unternehmen anbieten möchten, die Ihnen geeignet erscheint, sprechen Sie bald mit ihr. Bekanntlich haben Menschen unterschiedliche Lebensziele und nicht jede gute Mitarbeiterin möchte auch Unternehmerin werden.

Sollte jemand aus dem Mitarbeiterkreis interessiert sein und vielleicht schon Interesse signalisiert haben, sprechen Sie bitte frühestmöglich konkret miteinander, tauschen Sie ihre Vorstellungen aus und überlegen Sie gemeinsam, wie Sie zu einer raschen Klärung kommen können. Ganz wichtig ist, dass Sie für diese Gespräche gegenseitiges Stillschweigen vereinbaren, damit es keine unnötigen Irritationen im Verlagsteam gibt.

  • Was bedeutet Management-Buy-Out?

Beim Management-Buy-Out(MBO) übernimmt das aktive Management das Unternehmen im Ganzen oder auch nur in Teilen. Die Vorteile eines MBO liegen auf der Hand: Man kennt sich gut und vertraut einander. Die Identität des Unternehmens bleibt (eher) erhalten und fachliche und sensible Informationen verlassen nicht das Unternehmen. Oft ist dem Altverleger die interne Weitergabe wichtiger als der zu erzielende Verkaufserlös, der meist niedriger liegt als bei einem externen Verkauf. Überlegen Sie deshalb, wie Sie hier Ihre Prioritäten setzen.

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Unternehmensberatung und M&A für Buchhandlungen und Verlage

-> Strategie-, Organisations- und Teamentwicklung sowie Unternehmensführung, Controlling, Marketing und Vertrieb
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