E-Commerce im unabhängigen Buchhandel: Teil 1

"Es ist wahnsinnig wichtig, diesen Kanal anzubieten"

23. Februar 2022
von Christina Busse

Für viele unabhängige Buchhandlungen ist der E-Commerce ein Rettungsanker in der Pandemie. Stammkunden bleiben bei der Stange, neue kommen hinzu. Dadurch wird der Auftritt im Netz allerdings auch arbeitsintensiver. Wir stellen in lockerer Reihenfolge sechs Beispiele vor. Teil 1: Buchhandlung Cohen + Dobernigg in Hamburg. 
 

Herr Cohen, wie hat sich bei Ihnen der Online­buchhandel in den letzten beiden Pandemiejahren verändert?
Das Geschäft über den Onlineshop ging ab wie Schmidts Katze: Wir haben sehr schnell über Social Media und Mail kundgetan, dass auch wir als inhabergeführte Buchhandlung einen Webshop haben. Und obwohl der Onlineshop schon seit unserer Eröffnung im Jahr 2002 auf der Homepage eingebunden ist und wir uns seither den Mund fusselig geredet haben, war es schwierig, diese Option in den Köpfen der Kunden zu verankern. Die Pandemie wirkte da wie ein Verstärker, diesen Bestellweg publik zu machen – das waren für viele Leute echte News, und wir haben darüber auch neue Kunden gewonnen.

Haben Sie in Ihren Webshop weiter investiert?
Schon vor der Pandemie haben wir viel Arbeit und etwas Geld in den Shop reingesteckt, davon haben wir in den vergangenen zwei Jahren profitiert. Wir haben uns für einen White-Label-Shop über Zeitfracht entschieden, weil er für unsere Größenordnung sinnvoll ist. Ganz wichtig ist uns, dass wir unser eigenes Gesicht und unsere eigene Auswahl zeigen können – alles, was wir selbst editieren können, machen wir. So haben wir zum Beispiel die Kachel »Codo & Corona« eingerichtet, unter der wir darüber informieren, was aktuell in der Corona-Krise im Laden wichtig ist. Das können wir hoffentlich demnächst runternehmen. Als zusätzlichen Service haben wir das VLB integriert, sodass im Shop auch Titel angeführt werden, die nicht im Barsortimentskatalog vorhanden sind. Das kostet uns zwar extra, aber wir finden, dass es dazugehört.

Welchen Umsatzanteil erwirtschaften Sie mittlerweile im Netz?
Am Ende des Tages bewegt sich der Umsatzanteil bei gut 15 Prozent. Für den Aufwand, den wir dafür betreiben, auch finanziell, ist das wirtschaftlich gesund.

Erwarten Sie, dass der Online-Anteil nach der Pandemie dauerhaft höher sein wird als vor der Pandemie?
Definitiv. Es ist ein großes Plus, dass nun einfach mehr Leute von dieser Option wissen. Außerdem entspricht der Online-Einkauf der grundsätzlichen Entwicklung. Deshalb ist es wahnsinnig wichtig, diesen Kanal anzubieten.

Rechnen Sie damit, dass die Kunden nach der Pandemie wieder in den Laden zurückkehren werden?
Es kommen jetzt mehr Kunden als jemals zuvor. Das liegt sicher auch an der Art von Buchhandlung, die wir sind: stadtteil­bezogen und inhabergeführt. Heute zahlt sich aus, dass wir viel gemacht haben. Die Kunden haben auch im Lockdown gemerkt, dass sie sich auf uns verlassen können. Und das viele Klein-Klein, das unsere Arbeit ausmacht, wird honoriert. Außerdem holen 95 Prozent der Kunden, die online bestellen, ihre Ware selbst im Laden ab. Uns geht es besser als vor der Pandemie, aber wir müssen auch weiter dranbleiben. Buy Local muss man mit Leben füllen, so haben wir zum Beispiel jetzt im März unser Veranstaltungsprogramm wieder gestartet: Jens Eisel liest aus »Cooper«, Nino Haratischwili aus »Das mangelnde Licht«. 

Mit Börsenblatt Plus ins Branchengeschehen eintauchen

Sie wollen diesen Plus-Artikel weiterlesen?
Dafür benötigen Sie ein Benutzerkonto sowie ein Abonnement!

  • Zugriff auf alle Plus-Artikel (Analysen und Kommentare der Redaktion, exklusive Branchenzahlen, Interviews, Hintergrundberichte, Reportagen und Artikel aus dem gedruckten Börsenblatt)
  • Alle E-Paper-Ausgaben seit 2019, die aktuelle bereits am Mittwochabend abrufbar
  • Plus-Newsletter mit Highlights und Empfehlungen aus der Redaktion