Penguin Random House

"Entlassungen sind das größte Einsparpotenzial"

18. August 2022
von Börsenblatt

Im Prozess gegen die Fusion von Penguin Random House und Simon & Schuster wurde COO Manuel Sansigre in den Zeugenstand gerufen. Er sieht in den Auswirkungen auf die Autoren hauptsächlich positive Effekte. Ein genauerer Blick wird auf die Einsparpotenziale nach der Fusion gerichtet. Der Yale-Professor Edward Snyder betont die Macht der Agenten.

Die größte Befürchtung des US-Justizministeriums bei einer Fusion von Penguin Random House und Simon & Schuster sind mögliche negative Auswirkungen für Autoren, z.B. sinkende Vorschüsse – das wurde in den vergangenen Prozesstagen durch Aussagen von Autoren wie Stephen King oder Agenten wie Nicholas Hill analysiert.

Manuel Sansigre, COO und Vice President von Penguin Random House, sieht in den Auswirkungen auf die Autoren hauptsächlich positive Aspekte. Das berichten US-Medien. So merkt Sansigre an, dass die Vorverkäufe bei PRH höher als bei S&S seien, sodass die Chance für Autoren, auf die Bestsellerliste zu kommen und wiederum mehr Bücher zu verkaufen, nach der Fusion wiederum größer würden. Positive Effekte auf den Absatz für S&S-Titel sieht er auch in PRHs besserem Datenbank- und Metadatenmanagement.

Sansigre prognostizierte auf der Grundlage seiner Datenanalyse einen Anstieg der Gesamtverkäufe um 0,7 % pro Jahr in den USA und um 3 % insgesamt, was vermutlich für das gesamte Unternehmen gilt. Als Beispiel nennt er den Kinderbuchverlag Little Tiger, dessen Umsatz nach der Fusion verdoppelt wurde. Als zusätzliches Argument nannte er die sechs Milliarden Dollar, die Bertelsmann als Mutterkonzern pro Jahr für Investitionen ausgibt und von denen nach der Übernahme auch Simon & Schuster profitieren würde.

Richterin Florence Pan hat die Aussage von Penguin Random House-Vice President Manuel Sansigre, dass die Übernahme von Simon & Schuster "erkennbare fusionsspezifische Effizienzgewinne" mit sich bringen würde, ausgeschlossen, da die von ihm präsentierten Zahlen nicht unabhängig überprüft worden seien. Seine Umsatzprognosen basierten ihrer Ansicht nach nicht auf Modellen aus früheren Fusionen oder früheren Erfahrungen; zudem hielt Pan das 2020 entwickelte und seitdem mehr als 100 Mal aktualisierte Umsatzprognosenmodell für unzuverlässig. „Publishers Weekly“ wertete Pans Entscheidung als ein Rückschlag für Penguin Random House, allerdings als nicht zu folgenschwer für den weiteren Verlauf des Verfahrens.

"Entlassungen sind das größte Einsparpotenzial"

Nach Ansicht der Richterin entstünden die Einsparpotenziale größtenteils durch Entlassungen, darunter 25 Millionen US-Dollar an Einsparungen bei Vertrieb und Lagerhaltung, 25 Millionen US-Dollar bei der IT und doppelten Verwaltungs- und Managementfunktionen und die restlichen 31 Millionen Dollar durch die Aufhebung von Drittanbieterverträgen. Ein Vertreter von Penguin Random House erklärte, dass unter keinen Umständen Mitarbeiter aus dem kreativen Bereich, die mit Büchern arbeiten, seinen Arbeitsplatz verlieren würde. Darüber hinaus fügte er hinzu, dass trotz der gestrigen Äußerungen von Sansigre, der darauf hinwies, dass das Verkaufspersonal von PRH fünfmal so groß sei wie das von Simon & Schuster, keine Außendienstmitarbeiter als Teil der möglichen Kosteneinsparungen in Betracht gezogen würden. Sansigre hatte Beispiele für Synergien benannt und bemerkt, dass er und sein Team jeden der 1.400 Mitarbeiter von Simon & Schuster "Zeile für Zeile" durchgingen und "die Abteilungen und Unterabteilungen aufeinander abstimmten". Er berücksichtigte Stellenbezeichnungen und Ausgaben, erstellte eine Formel für die Durchschnittsgehälter und ermittelte eine Reihe potenzieller "Headcount-Synergien".

So würde PRH nur eines der drei Lagerhäuser von Simon & Schuster nutzen: das Hauptlager in Riverside, N.J. Sansigre wies darauf hin, dass Penguin Random House in den letzten Jahren stark in die Logistik investiert hat und über mehr als genug Kapazitäten verfügt, um Simon & Schuster und alle zusätzlichen Vertriebskunden, die es jedes Jahr hinzugewinnt, aufzunehmen.

Die Anwälte des US-Justizministeriums wiesen darauf hin, dass Sansigres Ansatz eher "top-down" als "bottom-up" sei, und Sansigre räumte ein, dass ein "bottom-up"-Ansatz erst dann realisierbar sei, wenn Penguin Random House Eigentümer von Simon & Schuster sei und vollen Zugang zu und Kontrolle über dessen Betrieb habe.

„Mittlere und kleinere Verlage sind eine realisierbare Option"

Als zweiter Zeuge des Tages wurde Edward Snyder, Professor an der Yale School of Management, von der Verteidigung aufgerufen. Er sollte die Theorie widerlegen, dass die Fusion zu geringeren Vorschüssen für Autoren führen würde.

Er analysierte eine Umfrage unter 18 Literaturagenten mit Informationen über 975 verschiedene Buchverträge.

  • 360 von 975 Verträge enthielten einen Vorschuss von 250.000 Dollar oder mehr
  • PRH und S&S erhielten den Zuschlag für 96 dieser 360 Verträge (26,5 Prozent)
  • Bei 975 Verträgen erhielten PRH und S&S in 21 Prozent der Fälle den Zuschlag
  • Zwischen 2019 und 2021 gab es mehr als 25 Verlage, die für 250.000-Dollar Titel boten
  • Verlage, die nicht zu den Big Five gehörten, bekamen 23 % dieser Deals
  • Über die Hälfte der Fälle boten sie zwar gegen Big Five-Verlage, verloren die Deals jedoch
  • 20 von 975 hatten einen Wer von 1 Million Dollar oder mehr. Fünf davon entfielen auf PRH und S&S.

Außerdem betonte Snyder in seiner Aussage die Macht der Agenten. Gibt es bei Verhandlungen eine Konkurrenz zwischen zwei Imprints derselben Verlagsgruppe, muss der Literaturagent den Mutterkonzern nicht über diesen „Bieterkrieg“ informieren, sobald er eine dritte Partei in den Prozess einbezieht. Laut Snyder würden Agenten so „routinemäßig einen Bieterkrieg zwischen zwei Imprints derselben Verlagsgruppe heraufbeschwören“. Deshalb bleibe auch der Wettbewerb zwischen den Verlagen PRH und Simon & Schuster auch nach der Fusion bestehen, so Snyder.

Anschließend zweifelte der Yale-Professor die Aussage, Vorschüsse würden sinken, wenn es einen Bieter weniger gebe, an. Mittelgroße und kleinere Verlage seien eine „realisierbare Option“. Als Beispiel nennt er J.K. Rowling.