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Feedback im Lektorat

12. November 2021
von Veronika Weiss

Mit Kritik umzugehen – das ist für Schreibende nicht leicht. Besonders dann nicht, wenn es um mehr als Rechtschreibfehler und Wortwiederholungen geht. Bewährte Techniken können bei der Rückmeldung helfen.

Überall geht es um Feedback. Wir sollen welches geben für den Besuch in der Apotheke, das Onlineshopping-­Erlebnis und den Toilettenservice am Bahnhof. Aber in kaum einem Beruf wird mehr und differenzierteres Feedback gegeben als im Lektorat. Beurteilen, Vergleichen, Korrigieren, Kritisieren – das alles steht täglich auf der To-do-Liste. Immer da, wo es seine Berechtigung hat. Gleichzeitig werden wir aber eben auch dafür bezahlt, möglichst viel Optimierbares zu finden. Warum lernen wir dann keine Feedbacktechniken? In den meisten Studiengängen herrscht diesbezüglich leider gähnende Leere. Werden wir also von Anfang an zu gemeinen Klugscheißern erzogen? 
 

Besser Feedbackprofi als Besserwisser

Zur geforderten Fach- und Methodenkompetenz gehören gute Feedbacktechniken unbedingt dazu – ganz egal, ob man später lehren, kritisieren oder lektorieren möchte. Besserwisserei ist hier Teil des Berufsbilds. Ist es für einschlägige Fächer wie Germanistik, Sprach- oder Buchwissenschaften zu viel verlangt, nicht nur das »Was«, sondern auch das »Wie« auf den Lehrplan zu setzen? 

Ein Inhouse-Seminar im Verlag habe ich mal mitgemacht, in dem wir die gute alte Sandwichtechnik lernten (Positives, Negatives, Positives). Sich konsequent an diese zu halten, hilft schon mal deutlich weiter – nicht nur beruflich, sondern auch menschlich. 

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Ideal: wertschätzendes Kommunizieren

Im Idealfall schaut man als Lektor*in selbst genauer hin und legt sich ein Skillset rund um annehmbare Kritik zu. Denn erfolgreiche Akquise und Kooperation hängen unmittelbar an unseren Soft Skills. Harte Kritik, erst recht an künstlerischem Ausdruck des höchst persönlichen Innenlebens, kann sehr verletzend sein. Niemand öffnet sich gern einer Person, die garstig wird. Und vor allem kein zweites Mal.

Ist es so gesehen nicht eine Zumutung für Autor*innen, dass Feedbacktechniken fürs Lektorat nicht ausreichend geschult werden? Nach viel Theorie-Input werden wir losgelassen auf Schreibende, die oft ihr Innerstes nach außen kehren. Manchmal ist es »nur« Handwerk, und die rein technische Seite ist natürlich wenig diskutabel: einen Tippfehler korrigieren, die Grammatik glätten, Wortwiederholungen rausnehmen.
Aber es geht auch ans Eingemachte. Ganze Passagen sollen gestrichen werden, Nebenfiguren müssen neu charakterisiert werden, Handlungsstränge sollen wegfallen, neue Perspektiven dazukommen. Hier muss im Sinne einer harmonischen Zusammenarbeit der Umgangston besonders einfühlsam sein. Dafür könnte man allgemeine Feedbackregeln gut konkretisieren: Begründen Sie jede Ihrer Änderungen. Platzieren Sie konstruktive Kritik so, dass sie gut angenommen wird, also eingebettet in Wertschätzendes. An jedem Text gibt es auch Gutes zu entdecken, davon bin ich überzeugt, sei es die Intention, der Ideenreichtum, kreative stilistische Ansätze … Es hilft, sich bewusst zu machen, dass die Person beim Schreiben Herzblut gegeben hat. Seien Sie achtsam. Wählen Sie Ihre Worte bewusst. Das können Sie.