Karriere

Mehr Arbeitsglück

21. Juli 2023
von Veronika Weiss

Unzufrieden im Job? Ändern Sie was – aber wechseln sie nicht zwingend sofort den Arbeitsplatz. Denn Arbeitskultur kann von unten mitgestaltet werden.  
 

Studien zur Arbeitszufriedenheit gibt es regelmäßig, und meist zeigen sie, dass die Hälfte oder sogar zwei Drittel der Menschen mit ihren Jobs unzufrieden sind. Der persönliche Eindruck bestätigt das oft: Entweder wir selbst sind unglücklich oder aber im Umfeld gibt es Leute, die nicht müde werden, ihre Arbeitsbedingungen zu beklagen. Oft sind diejenigen, die sich am lautesten beschweren, auch diejenigen, die am wenigsten ändern. 

Probleme thematisieren

Klar, oft sind die Strukturen im Unternehmen eingefahren oder Vorgesetzte haben schon diverse Male bewiesen, dass sie nicht gewillt sind, auf die Wünsche der Mitarbeitenden einzugehen. Aber das ist doch eher die Ausnahme. Meistens gibt es durchaus einigen Raum für Mitgestaltung – wenn es schon in den Stellenausschreibungen so angegeben ist, darf man sich wohl im Haus auch darauf berufen. Innovative Ideen, konstruktive Kritik und Beiträge zu einem guten Betriebsklima werden willkommen sein, sofern die Leitung etwas von ihrer Führungsaufgabe versteht.

Deshalb ist es schade, sich entmutigen zu lassen von schlechter Stimmung oder dem, was unter Unzufriedenen erzählt wird. Keine Beziehung ist perfekt, auch nicht die zum Arbeitgeber. Bringen Sie Themen auf den Tisch, die Sie stören, sprechen Sie mit Ihrem Team und mit den Vorgesetzten – ändern Sie etwas an dem, was Sie belastet! Niemand wird Ihnen deswegen böse sein. Im Gegenteil: Es kann ein wichtiger Anstoß sein und vieles zum Besseren wenden, wenn aus der schweigenden Masse endlich jemand das Wort erhebt. Wichtig dabei: sachlich und konstruktiv bleiben, niemals beleidigend oder zu trotzig werden. Arbeitskultur kann und muss(!) von unten ­herauf verändert werden – Stichwort Graswurzelbewegung.

Arbeitsglück selbst schmieden

Welche Möglichkeiten gibt es, wenn es hart auf hart kommt, wenn Ihnen wirklich nicht zugehört wird? Natürlich eine Kündigung. Aber vorm Hinschmeißen geht noch einiges, besonders, wenn Sie Ihren Job eigentlich mögen: Vielleicht haben Sie einen Betriebsrat, der Interessen der Angestellten durchsetzen kann. Dann gibt es noch die Gewerkschaft – nicht nur für die große Revolution, sondern auch für kleine Fragen und Beratung. Außerdem hilft es immer, sich auszutauschen über Problematiken in der Branche. Je mehr (Branchen-)Menschen auf Missstände hinweisen, desto schlechter können diese ignoriert werden. 

Das hier soll keine Brandrede zum Aufstand sein. Mir geht es darum, grundsätzlich regelmäßig in den Austausch zu gehen: Teilen Sie mit, wenn Sie etwas gut finden. Kommen Sie bei Problemen nicht mit jeder Kleinigkeit an, aber kommunizieren Sie, wenn Sie bei einem Thema wirklich Änderungs­bedarf wahrnehmen. So kommt es gar nicht erst zu Frust. 

Das alles gilt für Angestellte dringender als für freiberuflich Tätige, aber auch die sind dafür verantwortlich, sich ihre Arbeit angenehm zu gestalten. Erst recht, wo es vermeintlich so leicht geht. Seit ich selbstständig bin, habe ich viel mit Menschen zu tun, die das verwirklicht haben, die genau so arbeiten, wie es ihnen entspricht. Das wünsche ich mir wirklich für weit mehr als ein Drittel von uns allen.

UNSERE KOLUMNISTIN

Veronika Weiss (38) ist in Wien aufgewachsen und hat dort Germanistik und Musikwissenschaften studiert. Nach Praktikum und Elternzeitvertretung in der Verlagsgruppe HarperCollins (Cora Verlag) in Hamburg arbeitete sie dort als Lektorin. Seit 2021 ist sie frei als Texterin und Lektorin tätig. Im Börsenblatt schreibt Weiss unter anderem über Trends in der Arbeitskultur, Berufseinstieg und Work-life-Balance.