Das Thema Thalia führte die Runde schnell weiter zur Einkaufsmacht der Großen und zum Dauerstreit um die Konditionengestaltung. Der Kasseler Buchhändler Jörg Robbert verdeutlichte, dass aus seiner Sicht Konditionen unter 30 Prozent eben nicht auskömmlich für den Buchhandel seien und dass er hier ein klares Wort von der eigenen Interessenvertretung vermisse: "Es sollte im Vorstand und in den Gremien des Börsenvereins klar sein, dass sich dringend etwas ändern muss." Er verwies dabei unter anderem auf einen Börsenblatt-Artikel zum Kostendruck im Sortiment.
Warum sich der Börsenverein als "Dreispartenverband mit Monopolstellung" bei diesem Thema aus kartellrechtlichen Gründen nicht äußern darf, machte dagegen Hauptgeschäftsführer Peter Kraus vom Cleff klipp und klar deutlich: "Wir kommen in Teufels Küche, wenn wir über Rabattpolitik sprechen.“
Er verwies auf die Ombudsstelle, die der Börsenverein für entsprechende Beschwerden bei den Preisbindungstreuhändern der Verlage eingerichtet hat: "Wenn Branchenmitglieder diese Ombudsstelle nicht nutzen, um auf missbräuchliche Konditionen hinzuweisen, bleibt sie ein stumpfes Schwert."
ich bin enttäuscht und desillusioniert nach der Fachgruppensitzung Sortimentsbuchhandel.
Wie kann es sein, dass einem Vertreter des größten Buchhandelsunternehmen, die Möglichkeit gegeben wird für ein „Thalia Partnermodell“ zu werben, das eine zentrale Rolle in der Expansionsstrategie des Konzerns spielt?
Muss ich ernsthaft noch etwas sagen zu den Folgen der immer größeren Marktmacht von Thalia?
Es ist ok über Verbundgruppen zu informieren, aber Verbundgruppen allein sind nicht die adäquate Reaktion auf die Kostenkrise des Buchhandels, die letztlich eine Konditionenkrise ist.
Buchhandlungen können steigende Kosten nicht weitergeben, das verbietet die Preisbindung. Die Konsequenz daraus scheint leider nicht jedem in der Branche klar zu sein, oder aber egal, das fände ich eher schlimmer: „Es läuft doch, lass die Buchhändler*innen doch klagen…“ mögen Viele denken.
Pustekuchen:
https://www.boersenblatt.net/home/die-buchhaendlerinnen-sparen-am-eigenen-lohn-386435
Das bittere Ende ihr Lieben kommt: Mehr als 20% der Unabhängigen sind schon in das Thalia Partnermodell abgewandert und es werden täglich mehr. Hinzu kommen die, die ihre Läden schließen müssen. Zitat einer Kollegin: „In den letzten drei Jahren habe ich mein Inhaberinnengehalt mehrfach gekürzt oder ganz darauf verzichtet. Auf Dauer ist das keine Lösung.“
https://www.kreiszeitung.de/lokales/diepholz/stuhr-ort52271/25-jahren-endgueltig-leporello-buchhandlung-schliesst-nach-ueber-93911290.html
Mit uns kleinen und mittleren Buchhandlungen geht jede Begründung für den Erhalt der Buchpreisbindung verloren. Mit den unabhängigen Buchhandlungen verschwinden die unabhängigen Verlage und damit die Vielfalt des literarischen Angebots in Deutschland.
Nach meiner Ansicht sind Rabatte unter 30 % wirtschaftlich nicht tragfähig.
Das muss dringend in konkretes Handeln münden, muss zur Richtlinie bei allen Branchenteilnehmer*innen werden: Im Vorstand, bei den Hauptamtlichen bei der MVB, bei den Barsortimenten und den Verlagen!
Wie weit wir davon entfernt sind?
Ich kritisierte bei der Fachgruppensitzung die Libri-Tochter BoD, die mir per Post mitteilte, dass ich für 25% Rabatt direkt online bei ihnen einkaufen könne, (Großartig was für ein verlockendes Angebot), Portokosten natürlich beim Buchhandel.
Reflexartig verteidigte unser Hauptgeschäftsführer Herr Peter Kraus vom Cleff das erst einmal… es handele sich möglicherweise um Einzelbestellungen bei BoD…
Herr vom Cleff und Frau Wnukowski von Libri, gleichzeitig auch BoD-Geschäftsführerin, sind im Vorstand des Börsenvereins. Sie haben es nicht verstanden:
Rabatte unter 30 % sind wirtschaftlich nicht tragfähig! (Nach meiner Ansicht.) Es gibt dafdür keine Rechtfertigung, auch nicht bei Einzelbestellungen bei Fach- oder Schulbüchern – Natürlich!!!
Jeder Verlag - auch BoD - kann und muss die Preise so kalkulieren, dass der Buchhandel nicht drauflegt! (Nach meiner Ansicht)
Und unsere Interessenvertretung im Verband, der SOA, drückt sich seit Jahren davor klar Position zu beziehen: Stattdessen diskutieren wir über „Verbundgruppen“ und hören immer wieder das Argument „die Buchpreise müssen steigen“. Natürlich ist das richtig, aber nicht die Lösung!
Selbst wenn die Buchpreise in dem Umfang steigen würden wie unsere Kosten, würde das Minus nicht kleiner, weil höhere Buchpreise eben auch als höhere Kosten bei uns ankommen.
Wer rechnen kann rechne!
Das Buchpreisbindungsgesetz fordert „auskömmliche Konditionen“. Aber die Gremien des Verbandes können/wollen/dürfen sich dazu nicht äußern.
Wie sagte Frau Schulz-Rother so treffend „Einzelkämpfer haben es immer schwerer“. Warum aber schreibt der Verband mir in Bezug auf die Konditionen bewusst diese Einzelkämpfer-Rolle zu?
Soll ich als Stadtteilbuchhandlung in Kassel-Wilhelmshöhe etwa bei „Cornelsen“ oder „Springer Nature“ auskömmliche Konditionen gerichtlich einklagen?
Ich bin seit fast 30 Jahren Buchhändler und ich habe es erst einmal erlebt, dass in Bezug auf die Konditionen Bewegung entstanden ist.
2007 – in der AUB, der Arbeitsgemeinschaft unabhängiger Buchhandlungen, hatte sich eine kleine Gruppe zusammengefunden: „Setzen wir unsere beträchtliche Marktmacht dazu ein, um längst überfällige Veränderungen in unserer Branche zu bewirken.“
Auch heute bin ich überzeugt: Bewegung in der Konditionenfrage kann nur von außerhalb des Verbandes kommen. Nicht als Gegenentwurf zu Verband, sondern als Sprachrohr des Sortiments in den Konditionenfragen. Denn mit den Argumenten „Dreispartigkeit“ und „Kartellrecht“ werden alle Widersprüche die es zwischen den Branchenteilnehmer*innen gibt glattgebügelt. Das Motto: Bloß nicht offen darüber reden.
Für die Kolleg*innen die sich äußern möchten einige, von der Rechtsabteilung als persönliche Meinungsäußerung kartellrechtlich nicht inkriminierte, Formulierungen:
„Nach meiner Ansicht sind Rabatte unter 30 % wirtschaftlich nicht tragfähig.“
„Eine Erhöhung der Fach- und Schulbuchrabatte um etwa 5 % wäre aus Sicht vieler Buchhandlungen dringend erforderlich.“
„Rabatte von 35 % (Grundrabatt) und 45 % (Reiserabatt) wären aus Sicht des Sortiments deutlich angemessener.“
„Eine faire Gestaltung der Konditionen auch für kleinere Buchhandlungen könnte der Branche insgesamt nutzen.“
In diesem Sinne, Jörg Robbert, Brencher Buchhandlung Kassel
Festgestellt wird schon im Titel, dass es Einzelkämpfer immer schwerer haben, was ja festzustellen kein ganz großes Kunststück, für den Verband hingegen ein extrem großes Armutszeugnis ist.
Aber da lesen wir mal locker flockig drüber hinweg, auf das später Lösungsansätze geboten werden.
Für die wertgeschätzte Backlist sind zwei (sic!) Studien eingefordert worden, eine dritte Studie soll in Sachen Backlist/Preisgestaltung in Auftrag gegeben werden. Beinhaltet die eigentlich die Frage, was gerade im Taschenbuch die Verschiebung diverser Klassiker ins BOD konditionsmäßig bedeutet?
Danach werden diverse Verbandsgruppen vorgestellt, die ihre Modelle offensiv anbieten dürfen – und selbst vor der Vorstellung des Partnermodells von Thalia wird nicht Halt gemacht.
Der tatsächlich noch unabhängige Buchhändler bleibt mit offenem Mund stehen und erkennt seitens des Börsenvereins ein System mit drei angebotenen Lösungen:
- A: Schließt euch gefälligst den Verbünden an, damit ihr noch irgendwie über die Runden kommt und andere Kreise nicht weiter stört.
- B – Gebt das eigene Hirn komplett ab und schlüpft unter das große Dach von Thalia
- C – Behaltet gerne Eure Unabhängigkeit und Euren ganz eigenen Kopf. In Sachen Unterstützung von uns seid ihr aber leider komplett out of order und bekommt vom Verband keine Unterstützung mehr.
Ich freue mich sehr auf Widerspruch!
Herzlicher Gruß
Jens Bartsch – Buchhandlung Goltsteinstraße in Köln
Die Buchhandlung, die ich seit 7 Jahren führe, hat einen christlichen Schwerpunkt und viele Artikel, die wir gut und oft verkaufen stammen aus Verlagen, die den Verbundgruppen gar nicht angeschlossen sind. Damit kommen diese 80/20 Modelle für mich schon gar nicht für in Frage. Ganz davon abgesehen riskiert man damit auch immer sein individuelles Gesicht zu verlieren.
Ich bin ebenfalls der Ansicht, dass der Verband dann nicht auch noch Thalia eine Plattform geben sollte, dass Partnermodell vorzustellen. Das finde ich ziemlich unglaublich.
Es gibt sie noch, diejenigen von uns, die in der Lage sind, ihr Sortiment selbst zu gestalten, weil wir das einmal so gelernt haben, vor vielen Jahren zwar, aber immerhin.
Dabei sollte uns doch der Verband einmal richtig unterstützen, denn er ist für "alle" da und das meint auch "alle", egal wie klein unsere Geschäfte sind.
Ich bin seit fast 38 Jahren im Buchhandel und bin einfach masslos enttäuscht, was sich da gerade so abspielt.
Herzliche Grüße an alle "Einzelkämpfer"
Claudia Körber - Schloss-Buchhandlung Herborn
wir verstehen Ihre Sorgen und Bedenken. Die wirtschaftliche Lage in der Branche und speziell im Handel ist schwierig. Und wir wissen um Ihr großes Engagement, auch gerade als "Einzelkämpfer", in dieser komplizierten Situation.
In Bezug auf das Thema Konditionen sind uns trotz allem als Verband vom Gesetzgeber größtenteils die Hände gebunden. Der Börsenverein wird von Bundeskartellamt und Gerichten als marktbeherrschender Berufsverband eingestuft. Deshalb ist es leider kartellrechtlich unmöglich, unter dem Dach des Börsenvereins spartenübergreifend über die Höhe von (auskömmlichen) Konditionen zu verhandeln oder Steigerungen gebundener Ladenpreise zu vereinbaren. Die Bildung von Gemeinschaften zur Bündelung von Einkaufsmacht ist das Privileg spartenintern aufgestellter Genossenschaften und Verbünde, dem Börsenverein als dreispartigem Verband ist dies ebenso verwehrt wie Boykottaufrufe oder spartenweite Appelle zur Konditionshöhe. Daher können und dürfen wir Wünsche auf diesem Feld nicht erfüllen. Das Thema Kostendruck und Wirtschaftlichkeit wird bei uns in den Gremien aber intensiv bearbeitet - wir sehen genauso wie Sie, dass es hier Lösungen braucht.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Koch (Pressesprecher)
Bereits am 21. Oktober 2021 erklärte Thalias Michael Busch in einem Interview (sic!) des Börsenblatts allen anderen Branchenbeteiligten recht vehement die Marktwirtschaft – die funktioniert seiner Ansicht nach nämlich so: Es gibt im Buchpreisbindungsgesetz keine Obergrenze für Rabatte, der Paragraph 6 ist überflüssig und „Es steht im Übrigen im Preisbindungsgesetz auch nicht drin, wie groß die Spanne zwischen kleinen und großen Buchhändlern sein darf.“
Und als Sahnehäubchen gab es dann ein Frage- und Antwortspiel, welches damals schon aufhorchen ließ:
Christina Schulte und Torsten Casimir vom Börsenblatt:
„Ihre Konditionenerfolge, die Sie heraushandeln, zahlen im Endeffekt andere. Das ist eben auch Teil der Konditionendebatte.“
Michael Busch von Thalia:
„Jeder Buchhändler hätte die Möglichkeit, sich zum Beispiel einer Genossenschaft wie eBuch anzuschließen, um Konditionenvorteile, bessere Logistik, bessere IT zu haben. Diesen Weg gehen viele nicht. Aber wenn man bewusst darauf verzichtet, dann muss sich doch nicht der dafür entschuldigen, der aktiv wird.“
Wir stellen fest: Hier https://www.boersenblatt.net/news/buchhandel-news/eine-diskussion-ueber-rabatte-zu-fuehren-ist-absurd-210329?ss360SearchTerm=michael%20busch wird uns die Marktwirtschaft aus der Position eines nicht ganz kleinen Marktteilnehmers an einem vom Staat durchaus gewünschten Kartell (Buchpreisbindung!) erklärt, welches allerdings aus ganz bestimmten Gründen auch an ganz bestimmte Voraussetzungen gebunden ist, die dieser Marktbeteiligte für sich nonchalant komplett ausklammert.
Im Jahr 2025 sieht das Ergebnis der Sitzung des Fachausschusses „Sortimentsbuchhandel“ am 16. September ann (in der Chronologie des Börsenblatts) so aus:
- Vorgestellt werden recht ausführlich die „Vorteile der Verbundgruppen“ Buchwert, Nordbuch, LG Buch und die Genossenschaft eBuch.
- Und besonders das inzwischen ja für Thalia mehr als prima funktionierende Partnermodell bekommt seinen Raum vermittels Michael Riethmüllers Vortrag zugedacht und wird im Börsenblatt sogar mit der eigenen Überschrift „Thalias Partnermodell ist auch dabei“ und einem Extraabsatz belohnt.
- Der Sortimenterausschuss reißt dann die Debatte über die Konditionenspreizung kurz an und das Börsenblatt erwähnt auch Anmerkungen des Kollegen Jörg Robbert, um dann mit der Überschrift „Die Konditionendebatte - und ihre Grenzen“ sofort alles abzuwürgen…..
-.. …denn vom Börsenverein macht nun „Hauptgeschäftsführer Peter Kraus vom Cleff klipp und klar deutlich: Wir kommen in Teufels Küche, wenn wir über Rabattpolitik sprechen.“ - also sofort Schluss mit lustig und etwaigen Diskussionen! Eine Anmerkung meinerseits: Privat, NUR REIN PRIVAT, nenne ich solches Gebaren übrigens Omertà.
Ach ja, noch Fragen Kientzle? Nö Hauser! Aber der Herr Bartsch hätte im Zuge der CONCLUSIO doch noch eine Frage:
Merkt Ihr eigentlich nicht, dass wir mit dieser Entwicklung auf ein Ende der Buchpreisbindung hinsteuern und ein Marktbeteiligter direkt aus unserer Mitte heraus dies inzwischen komplett für sich eingepreist hat?
Jens Bartsch - Buchhandlung Goltsteinstraße in Köln
Aufgrund der Entwicklung durch die mehr und mehr zunehmende Oligopolisierung (Amazon, Thalia ...) und deren Konditionsgebaren nehme ich jedoch wahr, dass für die restlichen Teilnehmer der drei Sparten aktuell wenig oder kein Spielraum für Veränderungen mehr gegeben ist.
Meiner Meinung nach (um die Formulierungshilfen erneut zu bemühen) braucht es drastische Maßnahmen, damit es einen breit aufgestellten Buchhandel auch in Zukunft gibt.
Nun spielt der Buchhandel kartellrechtlich sowieso schon mit dem gebundenen Verkaufspreis eine Sonderrolle - aus Sicht vieler Buchhandlungen wäre es doch wünschenswert, hier eine Änderung der Gesetzgebung gemeinsam anzustreben, so dass die Verlage neben dem Verkaufspreis auch einen gebundenen Einkaufspreis und somit (indirekt) einen einheitlichen Rabatt festlegen. Somit
würden gleiche Konditionen für alle zum Zuge kommen (Barssortimente an dieser Stelle mal ausgeklammert), was gerade den kleineren und mittleren Buchhandlungen zu Gute kommen würde. Und wenn man schon das Thema anpacken würde, macht es aus Sicht eben dieser Buchhandlungen nicht Sinn, in diesem Zuge Sondervergünstigungen wie Werbekostenzuschüsse, Partie- oder Freiexemplare... zu unterbinden und eine einheitliche Lösung für die Versandkosten anzustreben (bspw. generell portofreie Lieferung)? Die Verlage könnten dem Konditionsdruck der Oligopole mit Verweis auf eine entsprechende Gesetzgebung dann eine klare Absage erteilen.
Dürfte sich der Börsenverein sich für eine Änderung des Buchpreisbindungsgesetz stark machen, um den Buchhandel auf Dauer in seiner Vielfalt zu erhalten und so der gesamten Branche zu nutzen?