Interview: Mona Lang erklärt das neue Label kiwi sphere

"Wir werden den Buchhandel sicher nicht vergessen"

16. April 2025
Sabine van Endert

Sachbuch, Romance, Korea: kiwi sphere ist ein Buch-Potpourri für junge Erwachsene. Zehn Titel sollen pro Jahr erscheinen, im Juli legt das Imprint von Kiepenheuer & Witsch los. kiwi sphere-Chefin Mona Lang erklärt, wie sich das Imprint von KiWi abgrenzt, was den Aufbau der Community beflügeln soll und ob der Buchhandel im Marketing-Mix eine Rolle spielt. 

Mona Lang. Die Programmleiterin für Internationale Literatur ist bei Kiepenheuer & Witsch Mitglied der Geschäftsleitung; ihr Instagram-Kanal @monalalalong hat 24.300 Follower

Ein Jahr hat Mona Lang (38), Programm­leiterin für internationale Literatur bei Kiepenheuer & Witsch und Mitglied der Geschäftsleitung, mit ihrem jungen Team (fast alle unter 30!) an KiWis neuem Label für junge Erwachsene gefeilt, jetzt ist es so weit: kiwi sphere stellt das erste Programm vor. Fünf Bücher erscheinen ab Juli, darunter Hexen-Romantasy, ein populäres Sachbuch über Asexualität und ein Bestseller aus Südkorea über Frauen, die in Krypto­währung investieren. Die Cover sind Hingucker, Veredelungen von Glitzerlack bis Farbschnitt inklusive. 

Für die Namensgeber:innen weckt der Name kiwi sphere Assoziationen an das Taylor-Swift-Universum und die Las Vegas Sphere, alle Leser:innen von 20 bis Ende 30 sollen sich in der KiWi-Sphäre willkommen fühlen. "Wir finden, kiwi sphere passt perfekt zu dem, was wir vorhaben: alle zu uns einladen und eine Community auf Augenhöhe bilden", sagt Mona Lang. Das Imprint soll in Verbindung mit dem Holtzbrinck-Verlag Kiepenheuer & Witsch glänzen, schließlich ist KiWi eine Marke, die mit Benjamin Lebert, Christian Kracht, Benjamin von Stuckrad-Barre und Sophie Passmann schon immer auch für junge Bücher steht. "Im Konzept von kiwi sphere steckt KiWi drin", sagt Mona Lang. Wir haben sie in Köln getroffen – und uns das Imprint erklären lassen.

Blush, {heartlines}, Cove– die Verlage überschlagen sich gerade mit neuen Imprints für junge Erwachsene. Wie grenzt kiwi sphere sich ab?

Mona Lang: Ich beobachte die Neugründungen sehr genau – und bin beruhigt, denn wir machen es anders. Die meisten Verlage konzentrieren sich auf Romance. Wir dagegen setzen nicht auf ein Genre, sondern auf die Vielfalt des Lesens. Sachbücher, Romance oder Belletristik – mit kiwi sphere wollen wir zeigen, dass junge Menschen sich in verschiedenen Sphären bewegen und nicht immer nur Gleiches lesen wollen. 
 

Leser:innen in ihren 20ern und 30ern dürften auch im KiWi-Hauptprogramm fündig werden.

Mona Lang: Absolut. Wir gehen über unsere Social-­Media-Kanäle, mit digitalen Buchclubs – die explodieren übrigens gerade – Newsletter-­Marketing, Meet & Greets, Einladungen in den Verlag sowie neuen Leseformaten direkt auf die Zielgruppe zu. 

Wie wollen Sie die Leserinnen, die sich ja nun mal gerade für Romance entschieden haben, von Ihrem vielfältigen Programm überzeugen?

Mona Lang: Wir haben zum Beispiel ein Abo-Modell aufgelegt; Abonnent:innen bekommen die Titel signiert mit Goodies kurz vor dem Verkaufsstart. Wir wollen eine Community aufbauen, in der wir die Leserinnen inspirieren und sie unserer Titelauswahl vertrauen. Umgekehrt möchten wir hören, welche Bücher die Community sich von uns wünscht. Unser erster kiwi-sphere-Buchclub startet im Juli. Unser Team wird jeden Tag auf Instagram und TikTok zu sehen sein. 

Immer dieselben Muster, schiefe Bilder, Klischees, zu expliziter Sex – über die mangelnde Qualität von Bestsellern für junge Frauen lassen sich viele aus. ­Liebesromane haben es selten so oft in die Medien geschafft, wie jetzt mit dem Romance-Boom.

Mona Lang: Unterhaltungsliteratur, das klingt in Deutschland von vornherein minderwertig. Bücher, die unterhalten – daran ist nichts schlecht, auch die Qualität nicht. Wenn ich mich für eine Romantic Comedy entscheide, erwarte ich ein Happy End. Ich kann mich aber auch am nächsten Abend für einen Arthouse-Film entscheiden. Vorsicht vor allzu großer Verallgemeinerung! 

Der Verdacht der Misogynie steht im Raum: Wenn viele junge Frauen etwas sehr lieben, wird es herabgewürdigt.

Mona Lang: Was junge Frauen gut finden, kann qualitativ nicht wertvoll sein. Das ist eine alte Erzählung, die wir dringend aufbrechen müssen. Bei kiwi sphere wie bei Kiepenheuer & Witsch hat dieses Narrativ keinen Platz.

Die Zielgruppe der jungen Erwachsenen nehmen gerade viele in den Fokus. ­Spiegelt sich das in den Vorschüssen?

Mona Lang: Bei Romance und Romance Suspense sind die Preise deutlich gestiegen. Uns ist es bisher gelungen, nicht allzu stark ins Risiko zu gehen, weil wir den richtigen Zeitpunkt erwischt haben und die Agenturen überzeugen konnten, das richtige Label für ihre Stoffe zu sein. 

Wie spüren Sie die Trends auf?

Mona Lang: Wir alle sind auf TikTok und Instagram unterwegs - auch dafür haben wir dieses wirklich tolle junge Team. Ilene Houben und ich tummeln uns aber auch weltweit und suchen nach dem neuen heißen Scheiß (Pardon!).

Und wie stellen Sie Qualität sicher?

Mona Lang: Zu meiner großen Freude wissen die Agent:innen sehr genau, dass wir qualitativ hochwertige Stoffe suchen. Originelle Plots und perfekt ausgearbeitete Protagonist:innen – warum soll es die in unterhaltender Literatur nicht geben?

Wer redet beim Programm alles mit?

Mona Lang: Die Hoheit liegt beim Team von kiwi sphere. Wir wollen Bücher von der Zielgruppe für die Zielgruppe machen, deswegen haben wir den geübten Einkaufsprozess modifiziert und verschlankt. Ich bin davon überzeugt, dass man neue Wege gehen muss, wenn etwas wirklich Neues entstehen soll. 

Die Verkäufe sind nur eine Währung, ebenso entscheidend ist der organische Aufbau der Community.

Mona Lang, Kiepenheuer & Witsch

Ist ein BookTok-Shop für kiwi sphere geplant?

Mona Lang: Da stehen wir noch ganz am Anfang. Um den stationären Buchhandel mache ich mir da allerdings wenig Sorgen, es gibt viele Buchhandlungen, die sehr aktiv sind und von der neuen Leselust profitieren. Wir planen übrigens auch unsere Silent Reading Partys mit dem unabhängigen Buchhandel in Deutschland, Österreich und der Schweiz, zum Beispiel mit der wirklich tollen Buchhandlung manulit in Köln. 

Das Team von kiwi sphere (v. r. oben): Paulina Lau (Onlinemarketing), Ilene Houben (Lektorat), Jacky Nellißen (Events), Johanna Kuhn (Vertrieb), 
Marie Willwater (Produktmanagement), Jannis Eiteneuer (Marketing), Paula Bader (Auszubildende) und Mona Lang (Programmleitung)

Auf der Leipziger Buchmesse haben Sie den Blogger:innen das Label vorab vorgestellt. Der Buchhandel fühlt sich von all dem Zielgruppenmarkteting manchmal abgehängt.

Mona Lang: Wir wollen den Buchhandel ins Boot holen. Wir werden später im Jahr ausgewählten Buchhändler:innen unsere wirklich tollen kiwi-sphere-Boxen zukommen lassen. Dafür bauen wir gerade einen Verteiler auf, der junge Buchhändler:innen und Azubis adressieren soll. Das ist nicht so einfach, weil Auszubildende oft wechseln. Wir starten mit einer Kampagne in den Handel. Es soll auch Programmvorstellungen sowohl digital als auch vor Ort geben und wir werden interessierte Buchhändler:innen zu einem Event auf der Buchmesse einladen. Außerdem wollen wir mit dem Mediacampus Frankfurt und dem Azubistro zusammenarbeiten, um mit den jungen Buchhändler:innen ins Gespräch zu kommen. Wir werden den Buchhandel sicher nicht vergessen, so viel steht fest.

Welches Potenzial trauen Sie dem Startprogramm zu?

Mona Lang: Die Verkäufe sind nur eine Währung, ebenso entscheidend ist der organische Aufbau der Community auf Instagram und TikTok mit originärem Content. Unsere Bücher werden von der Zielgruppe selbst kuratiert, wir möchten gern, dass unsere Leser:innen das Team kennen und uns nach und nach mehr vertrauen. Vertrauen, dass wir Bücher auswählen, die sie wirklich interessieren. 

kiwi sphere

Programmleitung: Mona Lang

Start: Juli; 10 Titel pro Jahr

Erstes Programm: "Das Beste sind die Augen" von Monika Kim, "Morbidly Yours" von Ivy Fairbanks, "Kein Bock Club" von Maria Popov, "A Dark and Secret Magic" von Wallis Kinney, "Bis zum Mond" von Jang Ryujin

Hörbuch: Argon

Social Media: Instagram: @kiwisphere_verlag, TikTok: @kiwisphere_verlag