Karriere

A bissl was geht immer

10. Januar 2024
von Veronika Weiss

Ihr Dialekt – Icebreaker oder Deal breaker? Eine Betrachtung unserer Autorin Veronika Weiss, deren Berufsweg sie vom südlichen bis zum nördlichen Ende des deutschen Dialektkontinuums geführt hat – und das nicht ohne Hürden.

»Moin, Frau Weiss, schön, dass Sie hier sind.« – »Grüß Gott, habe d’ Ehre – super, dass ma’s g’schafft haben, uns persönlich z’amm’ zum setzen.« So oder so ähnlich hätte mein erstes Vorstellungsgespräch in Deutschland beginnen können. Hätte. In der Realität klangen meine Begrüßungsworte im Hamburger Verlagshaus anders. Mein österreichischer Akzent war damals zwar noch sehr gut zu hören, aber typische Austriazismen hatte ich auch damals nicht im aktiven Wortschatz. 

Finden Sie einen österreichischen Akzent charmant? Wenn ja, sind Sie damit nicht allein. Ich bin auf ganz viel Begeisterung ob meiner Aussprache gestoßen, als ich in den Norden gezogen bin. Eine südliche Färbung wird in Norddeutschland insgesamt wohlwollend gesehen und eignet sich immer als ­Eisbrecher. Die österreichische Redeweise gilt als entspannt, humorvoll, sympathisch. Andersrum – das kann ich aus ­meiner Zeit in Wien bestätigen – ist es eher schwierig: Österreicher:innen beäugen Menschen mit deutschem Akzent kritisch als »Piefke«. Die müssen sich nach ihrem als über­korrekt und zackig empfundenen Auftreten erst mal beweisen.

Gemeinschaft stiften oder Gräben schaffen

Die wenigsten von uns können ihre Herkunft sprachlich verbergen. Und das ist auch überhaupt nicht schlimm. Ein gemeinsamer Dialekt insbesondere wirkt identitätsstiftend und erzeugt Gemeinschaftsgefühl und Sympathie. Wenn Sie also beruflich mit Menschen aus Ihrer Gegend zu tun haben, würde ich sagen: Bleiben Sie professionell, aber lassen Sie ruhig ordentlich Dialekt durchklingen. Bestimmt gibt es Untersuchungen dazu, wie viel mehr Geschäftsabschlüsse prozentual zustande kommen, wenn diese im Dialekt verhandelt werden.

Ist eine deutliche dialektale Färbung bei Gesprächen im Beruf also durchwegs positiv? Nein, so kann man das auch nicht sagen. Der erste Eindruck im Vorstellungstermin wird durch einen Akzent stark geprägt, und das kann auch zu Ihrem Nachteil sein. Wenn Sie also einen haben, sollten Sie sich vorher bewusst machen, wie der Akzent auf das Umfeld wirken könnte. Wortwahl und Aussprache sollten Sie auf jeden Fall so weit anpassen, dass Sie ohne jeden Zweifel verstanden werden. Das ist Priorität 1. 
 

Sprachmelodie und Zwischentöne

Priorität 2 ist das Unausgesprochene. Der Ton macht die Musik, hier gibt es ein extremes Nord-Süd-Gefälle. Und hier kommen wir wieder zu meinem ersten Vorstellungsgespräch: Ich habe mich trotz relativ sauberer Aussprache und Wortwahl dabei nämlich zu österreichisch gegeben, wie ich heute weiß. Sprich: Ich klang sachlich, zurückhaltend, etwas patzig. In Wien ist ja »ned schlecht« schon das größte Kompliment, und genau so war ich gewohnt zu kommunizieren. 

Ich kann von Glück sagen, dass meine Gesprächspartnerin es dennoch mit mir probieren wollte. Als ich dann in Hamburg war, konnte ich meinen Optimismus eh nicht mehr lange verbergen, habe mich schnell an die sprachlichen Gepflogenheiten angepasst. Fazit: Setzen Sie Ihren Dialekt oder Akzent mit Bedacht und in Maßen ein. Aber a bissl was geht immer. 

UNSERE KOLUMNISTIN

Veronika Weiss (38) ist in Wien aufgewachsen und hat dort Germanistik und Musikwissenschaften studiert. Nach Praktikum und Elternzeitvertretung in der Verlagsgruppe HarperCollins (Cora Verlag) in Hamburg arbeitete sie dort als Lektorin. Seit 2021 ist sie frei als Texterin und Lektorin tätig. Im Börsenblatt schreibt Weiss unter anderem über Trends in der Arbeitskultur, Berufseinstieg und Work-life-Balance.