Bewerbungstipps für Young Professionals

Mut zur Lücke

5. Juni 2025
Jule Heer

Ein Selfie am Strand? In der Bewerbung lieber nicht! Personaler:innen der Buchbranche verraten, worauf sie bei Bewerbungen wirklich achten – und warum Lücken im Lebenslauf sogar spannend sein können.

Bewerbungsgespräch

Das Bewerbungsgespräch: Blickkontakt und Gestik machen viel aus.

Welcher Part ist bei einer Bewerbung der wichtigste? "Das Bewerbungsschreiben", findet Jessica Isselbächer, stellvertretende Personalleiterin und Ausbilderin bei S. Fischer. Dabei müsse es nicht mal besonders schön gestaltet  sein. Viel wichtiger sei es, dass es die Leser:innen direkt einfängt – am besten gleich zu Beginn mit den eigenen Stärken. Dabei komme es gut an, wenn jemand selbstbewusst zu seinen Fähigkeiten stehe und diese konkret benenne. Selbst Superlative weist sie nicht grundsätzlich als übertrieben zurück, denn: "Niemand hat mit Anfang 20 schon so viel Expertise, dass ich von den Bewerber:innen erwarte, bereits alles zu können." Gerade deshalb wirke ein selbstbewusster Ton besonders überzeugend.
 

Besonders in Bereichen wie dem Lektorat sei das Anschreiben wichtig, ergänzt Simone Klesel, Managerin Talent Acquisition und Employer Branding bei der Penguin Random House Verlagsgruppe. Denn bei einer Bewerbung sollte auch deutlich werden, dass die Bewerber:innen sich mit dem Verlagsprogramm auseinandergesetzt haben. Sie betont, dass man "eigene Projekte oder Erfolge ruhig hervorheben darf – das hilft uns, ein besseres Bild von der Persönlichkeit zu bekommen". Auch eine direkte Ansprache an die zuständige Mitarbeiterin in der Personalabteilung, wenn diese in der Stellenanzeige genannt ist, mache viel aus, so Klesel. "Ich finde es toll, wenn Bewerber:innen zeigen, dass sie Fan der Buchhandlung sind", fügt Tobias Groß, Ausbildungsleiter Thalia Leipzig Grimmaische Straße, an. Echtes Interesse am Unternehmen kommt also positiv an.

Jessica Isselbächer

Jessica Isselbächer

Niemand hat mit Anfang 20 schon so viel Expertise, dass ich von Bewerber:innen erwarte, bereits alles zu können.

Jessica Isselbächer, S. Fischer

Lücken im Lebenslauf

Nicola Lehmann war selbst erst kürzlich in der Bewerbungsphase: "Mit mehr Erfahrung wird das Bewerben leichter, weil man mehr von sich erzählen kann", sagt die jetzige Buchhändlerin der Mayerschen in Aachen und Sprecherin der Taskforce Karriere:Buch der AG Zukunft. "Ich fange inzwischen das Anschreiben einer Bewerbung damit an, dass ich mich einer neuen Herausforderung stellen will, und erzähle, was ich bereits kann und was ich noch gern lernen möchte." Anfangs sei ihr das schwer gefallen – gerade, weil man noch wenig greifbare Berufserfahrung hat. Doch mit der Zeit wachse das Selbstbewusstsein.

Große Lücken im Lebenslauf stellen nicht wirklich ein Problem dar – solange sie gut begründet werden können, darüber sind sich die Personalverantwortlichen einig. Denn: "Die Frage, was in der Zeit gewesen ist, wird auf jeden Fall gestellt werden." Groß ergänzt: "Ich finde so eine Lücke auch ganz spannend." Darüber mehr zu erfahren, sei das, was ihn im Bewerbungsgespräch am meisten interessiere. "Es gibt eigentlich keine echte Lücke", meint Isselbächer, "weil man ja nicht aufgehört hat zu existieren." Lehmann betont, dass es kaum noch völlig geradlinige Lebensläufe gebe – und das sei auch in Ordnung.

Nicola Lehmann

Nicola Lehmann

Ich fange inzwischen das Anschreiben damit an, dass ich mich einer neuen Herausforderung stellen will.

Nicola Lehmann, Mayersche Buchhandlung

Keine Fotos am Strand

Wie sollte ein Bewerbungsfoto aussehen und ist es überhaupt notwendig? Diese Frage stellen sich alle Bewerber:innen. "Grundsätzlich ist man nicht verpflichtet ein Bewerbungsfoto einzureichen. Wenn man sich jedoch für ein Bild entscheidet, sollte es ein klares Bild vor hellem oder einfarbigem Hintergrund sein und eine gewisse Seriosität sollte gewahrt werden", erklärt Klesel, denn: "Der Eindruck, den das Bild vermittelt, bleibt hängen." Man habe als Personalerin schon sehr viel gesehen. "Nicht unbedingt hilfreich sind zum Beispiel Selfies mit Sonnenbrille, die am Strand aufgenommen wurden."

Ob es überhaupt ein Foto braucht – daran scheiden sich die Geister. Für Lehmann gehört es klar mit in die Bewerbungsunterlagen, Isselbächer hingegen sagt: "Ich bin ein Freund davon, wenn kein Foto dabei ist" und begründet das mit der "Unconscious Bias", also der un­bewussten Voreingenommenheit. Denn auch Personaler ticken nun mal so wie jeder Mensch: Es erscheinen vor allem Personen sympathisch, die einem selbst ähneln. Diesen ersten Sympathiebonus kriegt man nicht mehr aus dem Kopf, er beeinflusst also die Entscheidung. Genau das spricht auf der anderen Seite wiederum für ein Foto – denn die Bewerber:innen, die ein Foto angefügt haben, wirken nun mal nach.

Simone Klesel

Simone Klesel

Man hat als Personalerin schon sehr viel gesehen. Nicht unbedingt hilfreich sind Selfies mit Sonnenbrille, die am Strand aufgenommen wurden.

Simone Klesel, Penguin Random House

Was im Gespräch zu beachten ist

Und beim Bewerbungsgespräch selbst? Pünktlichkeit ist wichtig und dass Bewerber:innen wissen, was sie zuvor geschrieben haben: "Seien Sie sicher, ich nehme darauf Bezug", so Isselbächer. Und falls man es unerwartet nicht rechtzeitig zum Termin schafft – auch das kann passieren –, empfiehlt sie, sich telefonisch zu melden. Für Aufgeregtheit habe jede:r Verständnis. "Uns ist besonders wichtig, den Menschen hinter dem Lebenslauf kennenzulernen", erklärt Klesel, "denn wer zu uns kommt, soll sich in unsererm Verständnis eines Hauses der Begegnung wiederfinden." Ebenso empfindet Klesel besonders Gegenfragen als Zeichen für echtes Interesse an der Stelle und dem Unternehmen. Kein Pluspunkt also, wenn gar keine Fragen kommen. 

Tobias Groß

Tobias Groß

Gegenfragen zeigen, dass die Kandidat:innen sich mit der Stelle und dem Unternehmen beschäftigt haben.

Tobias Groß, Thalia Leipzig

"Gerade Gegenfragen zeigen, dass die Kandidat:innen sich mit der Stelle und dem Unternehmen beschäftigt haben", sagt Groß. Einig ist man sich, dass Blickkontakt und Gestik viel ausmachen können. So berichtet Isselbächer von einem digitalen Bewerbungsgespräch, bei dem der Bewerber ständig den Kopf auf der Hand aufgestützt hat: "Das wirkt eher uninteressiert und herablassend." Nicht nur in Präsenz, sondern auch bei Online-Gesprächen sei es wichtig, auf solche nonver­balen Signale zu achten – eine offene Körperhaltung, ein freundliches Nicken oder ein Blick in die Kamera können hier schon viel bewirken. Groß erinnert sich an einen Bewerber, der fachlich hervorragend war, aber keinerlei Blickkontakt hergestellt habe, was gerade im Buchhandel bei direktem Kundenkontakt nicht gut ankommt. 

Gesprächsrunde auf dem Karriertag der Leipziger Buchmesse 2025

Was kommt gut an, was nicht: Die Personaler:innen und Moderator Stefan Hauck (Börsenblatt) in einer Gesprächsrunde im Rahmen des diesjährigen Karrieretags.

DIE BEWERBUNG

  • Stärken im Anschreiben betonen, Selbstbewusstsein zeigen
  • Rechtschreibung und persönliche Ansprache beachten
  • konkrete Beispiele, die die eigenen Fähigkeiten untermauern, einbauen
  • angemessenes Bewerbungsfoto einfügen

DAS GESPRÄCH

  • pünktlich sein – oder notfalls anrufen
  • wissen, was man geschrieben hat, und darauf eingehen können
  • Gegenfragen stellen, weil diese Interesse am Unternehmen zeigen
  • Blickkontakt und offene Körpersprache beachten – auch im digitalen Bewerbungsgespräch