Stefan Könemann: Ein Dreh- und Angelpunkt ist sicher die schlechte Ertragslage. Wer gute Umsätze und Gewinne einfährt, ist deutlich gnädiger in der Beurteilung des eigenen Branchenverbands. Hinzu kommt: Engagement kostet Zeit und Geld. Und wer wirtschaftlich unter Druck steht, hat weder Muße noch Lust, sich mit Verbandsthemen auseinanderzusetzen. Das ist zwar verständlich, aber so wie der Verband eine Bringschuld bei Informationen hat, hat jedes Mitglied auch eine Holschuld in der Form, ab und zu mal einen Blick in das Börsenblatt oder den Newsletter zu werfen.
Sebastian Guggolz: Eine gewisse Unzufriedenheit kann ich trotzdem nachvollziehen. Nehmen Sie den Jubiläumskongress "Neue Kapitel" in Berlin: Teile der Branche haben sich bei der Veranstaltung zum 200. Geburtstag des Börsenvereins ausgeschlossen gefühlt – weil der Termin unter der Woche stattfand und die Teilnahmegebühr nicht gerade niedrig war. So schön der Kongress auch war: Wäre ein großes Fest, bei dem explizit alle Mitglieder willkommen geheißen werden, nicht besser gewesen? Gerade kleinere Mitglieder fragen sich, was der Verband noch mit ihnen zu tun hat – und diese Zweifel kann ich verstehen.
Stefan Könemann: Ich muss sagen - beim Kongress teile ich diese Kritik. Auch wenn ich keine Patentlösung dafür habe, wie man es hinbekommt, dass sich alle mitgenommen fühlen. Dies wird sicherlich ein kontinuirlicher Prozess sein. Sicher ist, dass wir Formate finden müssen, um die Erwartungen der Mitglieder an den Verband präziser herauszufinden.