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Profit ist nicht alles

3. März 2022
von Marcus Schuster

Ein Team kann über sich hinauswachsen und große Ziele erreichen – wenn es einen Sinn darin sieht. Frank Dopheide hilft Firmen deshalb dabei, ihren eigenen gesellschaftlichen Wert zu definieren.  

Nach Ihrem Ausstieg beim »Handelsblatt« haben Sie ein Buch geschrieben: »Gott ist ein Kreativer – kein Controller« (Econ) und haben die Kommunikationsagentur »human unlimited« gegründet. Was machen Sie genau?
Mein Team und ich helfen Unternehmen, ihren Purpose, also die Sinnhaftigkeit ihres Tuns, neu auszurichten. Wir kommen ins Spiel, wenn zum Beispiel das Geschäftsmodell nicht mehr funktioniert oder die Belegschaft erodiert, weil man als Arbeitgeber nicht mehr attraktiv ist. Solche Herausforderungen lassen sich nicht mehr allein mit Excel-Charts und Zahlen meistern – erst recht nicht von Unternehmen, die sich räumlich und zeitlich zunehmend auflösen. Was hält den Laden dann noch zusammen? Die Antwort ist so einfach wie kompliziert: Es ist die Kultur. Der feste Glaube an die Bedeutung der eigenen Arbeit lässt im Idealfall alle Mitarbeitenden über sich hinauswachsen. Wir haben das am Anfang der Pandemie gemerkt – da waren auf einmal Dinge möglich, die vorher undenkbar schienen: Der CEO einigt sich mit dem Betriebsrat über Nacht. Die IT-Abteilung besorgt eintausend Laptops. Die Datenschutzbeauftragte lässt zu, dass die Kameras eingeschaltet werden. Weil sich alle hinter einem großen Ganzen versammeln konnten, hat vieles funktioniert.

Woher weiß ein Unternehmen denn, wie sinnhaft es noch agiert?
Um den eigenen Wert für die Gesellschaft zu dokumentieren, hilft es, sich an den 17 UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung zu orientieren, dem größten Vertrag, den die Menschheit je unterschrieben hat. Ein Paradebeispiel für die zunehmende Abkopplung vom realen Leben sind derzeit sicherlich die Banken. Alle Unternehmen, die ausschließlich dem alten Glauben vom Shareholder Value nachhängen, sind in der Zukunft stark gefährdet. Wachstum, Profit, Umsatz bleiben wichtig. Aber sie sind nicht alles.

Sie arbeiten für unterschiedliche Mandanten wie Douglas, Bayer 04 Leverkusen und den Möbelhersteller Walter Knoll. Wie gehen Sie vor, wenn Sie einen neuen Auftrag erhalten?
Wir betrachten zuerst die DNA: Was macht das Unternehmen aus? Wann läuft es zur Hochform auf? Was sagt der Blick in die Zukunft? Sieht der Finanzer dasselbe wie der Verkäufer oder die Produktentwicklerin? Wenn das Bild scharf gestellt ist, wird der Unternehmens-Spirit in Worte gefasst, damit er greifbar und kommunizierbar wird. Dieses Company Statement mündet in den Purpose-Gedanken, der anschließend ins Unternehmen getragen wird, damit ihn alle spüren können und sehen können, dass sich etwas verändert. Zu guter Letzt folgt die konkrete Umsetzung im Alltag: Meetings werden anders, Jahresgespräche, Zielvereinbarungen, vielleicht sogar die Produkte. Das wird dann Bereich für Bereich eingearbeitet. Zur Evaluierung verwenden wir statt der klassischen KPIs »Key-Purpose-Indikatoren«, die sich messen lassen, etwa an der Zahl der Kündigungen. 

ZUR PERSON:

Frank Dopheide, früherer Kreativdirektor und Werbemanager, war von 2014 bis 2019 Geschäftsführer des »Handelsblatts«. 2020 hat er die Beratungs- und Kommunikationsagentur »human unlimited« gegründet.