Diversität, Nachhaltigkeit, Innenstadtverödung, Künstliche Intelligenz: Den ganzen Tag über wurde auf den Podien und im Workshopraum über aktuelle Themen der Branche diskutiert. Mehr dazu hier.
Der erste Kongresstag endete mit einer Ehrung: Literaturkritiker Denis Scheck ist vom Börsenverein mit dem neu konzipierten Friedrich-Perthes-Preis ausgezeichnet worden. Seine Dankesrede, die um das Wort "Lesewut" kreiste, hielt Scheck wie gewohnt mit Witz und Furor. Lesewut - das ist für ihn nicht nur das entgrenzte Lesen, sondern auch die Wut, die beim Blick auf die Wirklichkeit entsteht:
"Wer Charles Dickens, Imre Kertesz, Toni Morrison oder Herta Müller liest, gelangt schnell zu Überzeugung: So kann es, so darf es, soll es nicht zugehen auf der Welt. Diese meine Wut auf die Unzulänglichkeiten unserer Gegenwart, den Defiziten im Hier und Jetzt, kann sich auf Phänomene wie das Artensterben und den Klimawandel, Geschlechterrollen oder Besitzverhältnisse richten.
Auf den Umstand, dass zur Zeit im Kreml ein mörderischer Krimineller und Kriegsverbrecher und im Weißen Haus ein Gauner, Betrüger und Schwindler sitzen. Auf den neuen alten, alten neuen Antisemitismus. Auf Homophobie, Klassismus und Chauvinismus."
"Gewaltige Lesewut" löst bei Scheck auch der Hype um Romantasy und New Adult aus. Er gönne Verlagen und Buchhandlungen die Umsätze im New Adult Genre: "Aber nur keine falsche Versöhnlichkeit in Sachen Literatur und Kritik! Ebenso wenig wie sich Gastrokritik nach dem Motto ´Hauptsache, es wird gegessen!´ betreiben läßt, kann man Literaturkritik auf ein Fundament `Lesen, lesen, lesen - egal was!` stellen."
Sein Appell: "Energisch vorangetriebene literaturkritische Abrissarbeit" gegen das Abgeschmackte, gegen Kitsch und Klischees. Lesen, so Scheck, "ist entgegen eines landläufigen Missverständnisses nicht Wellness."
Die pointierte Rede (hier im Wortlaut) zahlte voll und ganz auf die Preis-Begründung ein: Als eine der wichtigsten Stimmen der Literaturvermittlung verbinde Denis Scheck fundierte Kritik mit großer Lust am Debattieren, so Vorsteherin Karin Schmidt-Friderichs im Vorfeld der Ehrung: "Mit Leidenschaft, Schärfe und Stil bringt er Bücher ins Gespräch und leistet damit einen enormen Beitrag für die Buchkultur."
Robert Habecks Aussage hat es sogar in die Nachrichten von DLF Kultur geschafft. Viel mehr vom Kongress wurde nicht berichtet, aber solch eine gewichtige Aussage reicht ja auch. Die Filmbranche dürfte es freuen, dass unsere Branche weiterhin so gut in der Lage ist, sich klein zu halten und wird geschickt genug sein, für sich noch mehr Fördergelder einzufordern. Glückwunsch!