Messe-Premiere: Der Inuit Verlag

Hier wird grönländische Literatur gefeiert

15. Oktober 2025
Sabine Cronau

Mitten in der Eifel geht ein Programm für grönländische Literatur an den Start: Der Inuit Verlag, ein Projekt der Verlagsgruppe Kraterleuchten in Daun, stellt auf der Frankfurter Buchmesse sein erstes Buch vor.

Laali Lyberth

Ob Film, Literatur, Kunst oder Musik: Es gibt eine große Kreativszene in Grönland und die will endlich raus in die Welt.

Laali Lyberth, Verlegerin des Inuit Verlags

Die tanzenden Geister der Ahnen

Sven Nieder, von Haus aus Fotograf, ist viel herumgekommen in der Welt – „aber Polarlichter sind das Schönste, was ich jemals gesehen habe. Man kann sie sogar hören, es liegt ein leichtes Knistern in der Luft“, sagt der Verleger, der mit seiner Verlagsgruppe Kraterleuchten nicht im hohen Norden, sondern in Daun in der Vulkaneifel zu Hause ist.

In Grönland heißt es, dass Polarlichter die tanzenden Geister der Ahnen sind. Die Sprache lebe von solchen poetischen Bildern, sagt Sven Nieders Frau Laali Lyberth, in Grönland geboren und aufgewachsen. Die beiden haben sich 2009 dort kennengelernt, sind in die Eifel gezogen, haben eine 13-jährige Tochter und seit kurzem auch ein gemeinsames berufliches Baby: Den Inuit Verlag, der auf der Frankfurter Buchmesse sein erstes Buch präsentiert – ein Kinderbuch über grönländische Sagen und Mythen, das bereits in neun Sprachen übersetzt wurde („Sila. Eine grönländische Fabel über die Liebe und das Schmelzen des Eises“, 56 S., 18 Euro).

Sven Nieder ist "Der, der sehen kann"

Das Grönländische ist traditionell keine Schriftsprache, sondern beruht auf mündlicher Überlieferung: „Zusammensitzen und Geistergeschichten erzählen – das machen wir in unserer Familie bis heute“, so Verlegerin Lyberth. Grönländische Wörter sind lang und beschreibend, Spitznamen typisch. Sven Nieder beispielsweise wird von seinem Schwiegervater als Takunnitartoq bezeichnet – als „der, der sehen kann“.

Offenbar ist er aber auch einer, der Bücher machen kann: Die Kraterleuchten GmbH entstand, weil der Fotograf einen Bildband nach seinen eigenen Qualitätsstandards verlegen wollte. Nach und nach ist aus diesem einen Buch eine ganze Verlagsgruppe entstanden, zu der heute unter anderem der Eifelbildverlag, der Regionalia Verlag und die Edition Bildperlen gehören.

Der Inuit Verlag ist der jüngste Zweig am Verlagsbaum. Alle Genres rund um die grönländische Kultur sollen hier eine deutschsprachige Heimat finden – Belletristik, Sachbücher, Bildbände, Kinderbücher. Zur Leipziger Buchmesse 2026 etwa ist der Titel „Bestiarium Groenlandica“ geplant, in dem grönländische Illustrator:innen mythische Figuren ihrer Heimat in Bilder umsetzen.

Sven Nieder
Der Verleger von Kraterleuchten in Daun (Eifel) ist Co-Sprecher der Taskforce IT-Standards – und Vorstandsmitglied des Landesverbands Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland des Börsenvereins.

Da haben wir uns gefragt: Wenn nicht jetzt, wann dann?

Sven Nieder, Kraterleuchten GmbH

Plötzlich im Mittelpunkt der Weltpolitik

Den Traum vom Inuit Verlag bei Kraterleuchten gab es schon lange. Dass daraus jetzt endlich Wirklichkeit wird, hängt nicht nur, aber auch mit der Aufmerksamkeit zusammen, die US-Präsident Donald Trump dem kleinen Land beschert hat. Durch seine Begehrlichkeiten rückte Grönland über Nacht in den Mittelpunkt der Weltpolitik. „Da haben wir uns gefragt: Wenn nicht jetzt, wann dann?“, sagt Sven Nieder.

Die Resonanz auf die Verlagsgründung sei größer als gedacht, berichtet das Verlegerpaar – und reiche bis nach Grönland. Dort gibt es schon einen Partnerverlag, der sich um den Vertrieb an Kreuzfahrt-Tourist:innen aus dem deutschsprachigen Raum kümmern will: „Durchaus ein interessanter Markt“, so Sven Nieder – auch wenn er weiß, dass sich wohl nicht jedes Inuit-Buch ökonomisch rechnen wird.

Grönland und seine indigene Bevölkerung, so Laali Lyberth, hätten lange um Anerkennung und gegen Rassismus gekämpft. Dass das kleine Land mit seinen knapp 57.000 Einwohnern heute eher auf Augenhöhe wahrgenommen werde, sei wunderbar: „Ob Film, Literatur, Kunst oder Musik: Es gibt eine große Kreativszene in Grönland und die will endlich raus in die Welt.“ Zum Thema Trump zitiert sie gelassen das offizielle grönländische Motto: „Nothing about Greeland – without Greenland“.

Der Inuit Verlag

  • Gegründet: 2025, als Teil der Kraterleuchten GmbH in Daun
  • Verlegerin: Laali Lyberth (zugleich Vertreterin der grönländischen Autorenvereinigung Greenlit / Kalaallit Atuakkiortut )
  • Auslieferung: Westermann
  • Messestand: Netzwerk Schöne Bücher, Halle 3.1, A 84 bis A 94
  • Verlagspräsentation: Sonntag, 19. Oktober, 15 Uhr,
    Podium Rheinland-Pfalz, Halle 3.1., Stand E 134