Pascalina Murrone – Anführerin mit Teamgeist

In der achten Klasse lernt Pascalina das Berufsbild Lektor:in kennen und erfährt, dass diese vor allen anderen Bücher lesen dürfen. Sie selbst bringt damals kaum die Geduld auf, auf den nächsten Harry Potter zu warten, und ihr ist klar, dass für sie als „neugierigster Mensch aller Zeiten“ und Leseratte dieser Beruf das Richtige ist. Sie behält ihr Ziel im Auge, studiert nach dem Abi Medienkulturwissenschaften in Köln und Prag, weiter geht es mit dem Master Literaturwissenschaft. Neben dem Studium sammelt sie praktische Berufserfahrung, unter anderem in einer Buchhandlung.

„Die Sachen, die man  in Germanistik lernt – damit kannst du im Verlag eigentlich nichts anfangen“, sagt Murrone. Sie ergattert ein Lektoratspraktikum, das sie in ihren Plänen bestärkt. Die Begeisterung dafür bekam schnell auch ihr Umfeld mit – lachend berichtet sie: „Ich habe meine Freunde echt genervt, weil ich jeden Abend erzählt habe, was ich alles Tolles gemacht hab!“ Dass sie vorausdenkt und sich früh für ein Volontariat bewirbt, bringt sie in eine Situation, die „ein paar Monate ein bisschen hart“ war: Sie kriegt das Volo, während die Masterarbeit fertig werden muss; nach jedem Acht-Stunden-Arbeitstag setzt sie sich noch einmal für drei Stunden hin und schreibt. Es klappt, denn Murrone ist diszipliniert.

Hat sich bei all dieser Zielstrebigkeit und Organisiertheit vielleicht schon damals eine Führungsrolle abgezeichnet? Murrone überlegt und meint, sie habe eigentlich noch nie vor Verantwortung zurückgescheut, wurde schnell zum Cheerleading Team Captain oder zur Klassensprecherin gemacht. Sie ist begeisterungsfähig und ehrlich, arbeitet gern mit Menschen und motiviert diese. „Ich bin nicht besonders ängstlich, und ich glaube, dann ist man schnell jemand, der vorweg geht und sagt ‚okay, lass uns das machen‘.“ Ideale Voraussetzungen also. Außerdem war Pascalina Murrone schon immer gut in Mathe und liebt Excel-Tabellen – „das ist jetzt nicht so typisch für Lektoren“. Im Grunde habe sie sich eine Programmleitung schon immer vorstellen können, aber eher „irgendwann im Laufe meiner Karriere“.

Es gehöre auch Glück dazu, sagt sie, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Dass sie schon in jungen Jahren Programmleiterin geworden sei, lag auch daran, dass sich intern eine Lücke ergeben habe. Sie sei da durch verschiedene Aufgaben „schon vorher hineingerutscht“, mit einem relativ soften Übergang. Ganz entscheidend: Sie hat die richtigen Begleiter:innen gehabt, wurde immer gefördert, ihr großes Interesse an verlagsweiten Prozessen wurde immer gehört und befriedigt. Oft hat sie einen geschützten Raum bekommen, um sich auszuprobieren. Auch in ihrer hohen Position als Programmleiterin wird sie nicht alleingelassen, steht in regelmäßigem Austausch mit den anderen Abteilungsleiter:innen und dem Geschäftsführer Jürgen Welte.

Bei allem Talent und Glück ist sich Pascalina Murrone auch ihrer Schwächen bewusst und steht dazu – zum Beispiel ist sie bei Rechtschreibung und Kommasetzung nicht die Sicherste: „Ich kann jede Regel erklären, aber automatisch passiert das bei mir einfach nicht.“ Bei Texten anderer allerdings sieht sie die Fehler. Und so haben eben alle ihre Besonderheiten, meint sie. Sie sei die Letzte, die dem Team Fehler ankreide. „Nur wer nicht arbeitet, macht gar keine Fehler. Wir sind keine Roboter.“

Eine ihrer großen Stärken ist das Prüfen. Das macht sie nach all den Jahren noch immer sehr gerne, thematisch ganz breit, ist Feuer und Flamme, wenn ein Buch sie noch überraschen kann und mit neue Ideen aufwartet. Am schönsten sei es, „alle im Haus anzustecken; man ist ja der Funke, der alles entzünden soll“. Sie baut gerne Autor:innen auf, würde am liebsten die ganze Stadt plakatieren, wenn ein Titel sie derart begeistert.

Pascalina Murrone hat ein Händchen dafür, Lösungen zu finden und kümmert sich einfach gerne um Dinge. Sie ist durchsetzungsstark, auch wenn es darum geht, ihrem Team den Rücken freizuhalten. Mit Ehrlichkeit sei sie immer gut gefahren, sagt sie, und gegenseitige Unterstützung, gerade unter Frauen, sei essentiell. Warum die Ellenbogen ausfahren oder Wissen zurückhalten? Fairness sei gerade unter Druck wichtig: „Wir arbeiten alle immer am Anschlag und geben 110 Prozent.“

Sie persönlich habe schon auch ihre Momente, wo sie denkt: „Ich möchte mich kurz unter den Schreibtisch legen, ich bin nicht da, geht alle weg!“ Aber ihre Arbeit macht sie insgesamt sehr glücklich, und den Job oder gar die Branche zu wechseln, das kommt für sie nicht infrage – höchstens als Buchhändlerin oder in einer Agentur, irgendwann. Die Branche sei zwar „nicht super proaktiv“, aber auf einem guten Weg. Wichtig sei, dass junge Leute mehr in den Fokus gerückt werden, weil das diejenigen seien, die wirklich etwas bewegen wollen.

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